Samstag, 31. Januar 2009

Die Bescheidenheit des Künstlers

von Hans Wagner

Wenn ich vor Ort arbeite, also in der Land oder Earth art, arbeite ich nur mit den Materialien die ich auch vor Ort finde. Steinen, Hölzer, Wurzeln usw. Was ich an die orte bringe sind meist nur die Samen, geistige oder natürliche. Im vergangenen Sommer brachte ich die Samen bereits ausgestorbener Pflanzenarten, an einem bestimmten Platz in die erde. Dieser Platz wartet nun in diesem Frühjahr darauf, das ich zu ihm zurückkehre. Ein Künstler kann wen er es möchte einen bestimmten Platz zu einem Ort von Kraft verwandeln. Gerade die arbeit mit bestimmten Pflanzen, sensibilisiert mein schöpferisches Bewusstsein besonders stark.
Da verschwindet täglich etwas aus unserer Welt, das ja eigentlich zu ihr gehört aber unsere Mitmenschen bemerken es zum großen Teil nicht. Mich persönlich erschüttert dies und irgendwann bildete sich in mir die Idee etwas zu schaffen, was aus unserem Alltagsbewusstsein schon lange verschwunden ist. Ich bin überzeugt wir alle haben in uns so eine Art "urmenschlicher Bewusstseinszustand" der nur verschüttet ist und den wir jederzeit wieder erwecken können, z.B. mit einem Gefühl zu der von uns Geschundene Natur. In diesem Sinne sehe ich auch diese Earth – Arbeiten, "wer Bewusst mit Pflanzen arbeitet, wird Bescheiden in seinen Handlungen." Das haben mich die Pflanzen gelehrt. Es ist manchmal interessanter bei ihnen zu sein als Menschen um sich zu haben. "Wenn ein Mensch Geschäft, Politik, Geselligkeit und Gesellschaft ausgekostet hat – wenn man herausgefunden hat das letztendlich nichts daran befriedigt oder von Dauer ist – was bleibt dann noch? Es bleibt die Natur, die Sonne, der Regen, der Schnee, die Sternen, die Bäume, eben die Erde mit all ihren verzückten Momenten. Dies ist das Gefühl das ein Naturkünstler braucht um mit seinem Werk zu beginnen." Die Arbeit mit den Pflanzen ist Erdarbeit der Künstler wird bei solchen Projekten zum Erdarbeiter. Er arbeitet mit ganz wenig Handwerkzeug. Werkzeug verlängert unsere Hände, doch Pflanzen wollen unsere Haut spüren. In diesem Sinne ist der Ausdruck Land art für viele Projekte die ich umgesetzt habe nicht ganz richtig, es müsste Eart art heiße, weil die Beziehung zur Erde immer von besonderer Bedeutung ist, Erdbeziehung ist natürlich immer universelle Beziehung. Der Ausdruck Land art hat für mich persönlich etwas Begrenztes in sich, der Ausdruck Earth art erscheint mir grenzenlos.
Dieser Erde die er bearbeitet soll sich der Künstler mit seinem ganzen Dasein Hingeben.
Von der Erde lebt er, die Erde liebt er, zu Erde wird er, er ist geerdet!
In diese Erdarbeiten versuche ich immer die Bescheidenheit meiner Handlungen mit einfließen zu lassen.
Joseph Beuys drückte das so aus: "Ich bin ja kein Gärtner, der Bäume pflanzt, weil Bäume schön sind. Nein, ich sage, die Bäume sind heute ja viel intelligenter als die Menschen. Wenn der Wind durch die Kronen geht, dann geht zu gleicher Zeit durch die Krone was die leidenden Menschen an Substanz auf die Erde gebracht haben. Dass heißt die Bäume nehmen das längst wahr. Und sie sind auch schon im Zustand des Leidens. Tiere, Bäume, alles ist entrechtet. Ich möchte diese Tiere und diese Bäume rechtfähig machen. Das ist eine selbstverständliche Pflicht des Menschen. Wenn er seine Aufgaben hier auf dieser Welt (...) wirklich wahrnimmt, dann muss er sich entsprechend verhalten. Und dann muss er seine Intelligenz, angefangen bei den Bäumen langsam wieder aufrichten."