Mein Kopf ist heute gefüllt mit kleinen Eidechsen
Dem sauren Regen gebe ich mich hin wie der Ozonsonne
Ich schaue hoch zu den Smog verseuchten Wolken
Unter denen ein einsamer Bussard seine Runden dreht
Wir sind allein im großen Raum
Der Bussard der darauf wartet das aus seinem vergifteten Gelege
die junge Brut schlüpft
und ICH
einen alten Benzinkanister aus dem Brombeerengerank ziehend
und nun mit dem Trommeln begingt
Wir schreiben das Jahr 1995
einige Jahrzehnte nach Hiroshima
Einige Jahre nach Tschernobyl
wenige Jahre nach Harrisburg
Jahre nach Soveso
viele Jahre seit beginn der TOTALEN VERDRÄNGUNG
beginne ich mit dem Trommeln
Ein Ich
Ein alter Ego
Beobachte den Zaunkönig vor mir
der in diesem Jahr
sein Nest
kunstvoll in einen
alten im Wald abgelagerten Autoreifen gebaut hat
Ich trete zur Welt in Verbindung
Sie existiert
wie ich
als Teil von ihr
und ich fühle
ich bin genau so wichtig
wie das alte Gerümpel hier im Wald
So eben spüre ich das ich
zur Geschichte verschmelze
Morgen werde ich Schmetterling sein
und nach der Eiablage
davon schweben.
Auch im Nichtstun ist Tun
im Großen ist Schwäche
und im Schwachen oft Stärke
Ich frage dich der du soviel tust
wenn meine Hände meinen Hundstreicheln
wenn mein Auge in die Sonne schaut
wenn meine Ohren dem Tanz der Küken
in den Eiern der Henne lauschen
ist das Nichtstun oder ist das Tun?
vielleicht Tausend mal mehr tun
als du tust
du
der mit dem Schweißgerät
Blech aneinander klebt
du
der mit der Betonmaschine
die Erde versiegelt
du
der am Fließband Wegwerfartikel herstellt
ich frage mich
was ist tun
dein tun oder mein tun
die Blumen blühen zu sehen
die Vögel singen zu hören
ist das Nichtstun?
im Gras liegen die Wolken beobachten
mit den Augen die Milchstrasse suchen
einem Kind eine Blume schenken
die Schnecke über die Schnellstrasse tragen
ist das
NICHTSTUN
doch was ist dann
TUN?
ich sage dir was wirkliches Tun ist
es ist das SEIN das nahe sein den Dingen und Wesen
es zu schauen
im Mineral
in der Pflanze
im Tier
im Menschen
in den göttlichen Erscheinungen.
Hans Hukwa Wagner 1995
Meine Blicke
dringen ein in das dunkel der Wälder
bleiben hängen
im alten Laub von Gestern
verharren in den Wipfeln mächtiger Bäume
meine Nasenflügel zittern dem Duft feuchter Walderde entgegen
dem Blütengeruch der Linden
die hier vereinzelt zwischen Hainbuchen stehen
meine Ohren lauschen der Sinfonie des Waldes
die sich jeden Morgen wieder neu einstimmt
ich Laufe Heute wie Gestern
immer Tiefer in den Wald hinein.
Hans Hukwa Wagner 1994
Geschundene erde
Es reicht nicht
wenn ihr mal kurz vor die Haustür tretet
von Blumenwiesen und Feldern träumt
es reicht nicht
wenn ihr von euren Fenstern aus das graue Betonmeer überschaut
und Sehnsucht nach dem Duft grüner Wälder und harziger Bäume
in euren Herzen spürt
Ihr müsst den Beton und den Plastik Verweigern
Ihr müsst den Asphalt vor euren Türen Aufreißen
lauscht dem Gesang der Vögel
die Augen öffnet für die fliehenden Wolken
eure Ohren müssen wieder dem Rauschen klarer Bäche lauschen
und eure Seelen ummauert nicht weiter
mit den Auslagen billigen Konsums
aus Katalogen und Schaufenstern
öffnet die richtige Tür
öffnet euch selbst
reißt auf den Beton den Asphalt
lasst schwarze Erde an eure nackte Füße
lauscht
dem Lied des Nachtfalters
dies gibt es wirklich
singt
und
komponiert
selbst
ein Lied
für
unsere
Geschundene Erde.
Hans Wagner 1994
Dir blühen keine wirklichen Blumen
Auch die Bäume wachsen dir nicht wirklich
Dort oben die Schwalben
im Grauschwarz Smog verseuchten Himmel
Ihr Fliegen bereitet dir keine Freude
Wenn du am Abend deine Augen zumachst
dann träumst du nicht vom Duft grüner Wälder
vom Wogen des hohen Wildgrases
nicht von dem Adler
der hoch über einem Berg seine Kreise zieht
vom Eichhörnchen das an der Eichenrinde kratzt
von Glühwürmchen die ganze Nächte durchglühen
auch nicht vom Vollmond
diesem unruhigen Wanderer
der in dieser Nacht das Tannendickicht verzaubert
Doch bestimmt träumst du
von deinem neuen Fernsehgerät mit der neuesten größten Mattscheibe
der dir den
gleitenden Flug der Schwalben
das Gezwitscher der Vögel aus dem Walddickicht
den Flug des Adlers über den Bergen
in deinen viereckigen Plastikbeton Palast bringt
du träumst von der Welt des Staubes
des Zimmerstaubes der Abgasen des Smogs
du inhalierst das alles mit Genus
aber den harzigen Geruch der Kiefernnadeln
den Duft einer blühenden Sommerwiese
kennst du nicht
und erst die Musik
wenn der Sommerregen in einen einsamen Waldteich trommelt
der Geruch der aus den Waldwassern aufsteigt
du kennst ihn nicht
und dann
in später Nacht
während der mystische Vollmond glänzt
und die Welt ganz plötzlich verändert ist
dann wenn das rufen
des Waldkauz ertönt
ja dann
dann
könnte
deine Zeit gekommen sein
Also steh auf
jetzt in dieser Nacht
geh hinaus
und lausche dem pulsierenden Herz der Erde.
Hans Hukwa Wagner 8.7.1994
eine indianische Legende
sagt
wenn der Donner kommt
sprich zu ihm
damit er an dir vorbei geht
sprich mit den Elementen
sie hören dir zu
ich weiß es
daran denke ich jetzt
hier unter der Weide am Bachufer
beobachte dabei die eleganten Schwimmbewegungen der
Bachforelle
der Himmel ist klar
kein Gewitter in Sicht
doch unter diesem Himmel
herrschen
Ungerechtigkeit Ausbeutung Zerstörung
vielleicht ist es gut zu sagen
geh vorüber
es ist bestimmt auch gut hiervon zu Träumen
den die Träume sind der Anfang der Veränderungen
Veränderungen die wir so nötig brauchen #
vielleicht ist es gut zu sagen geh vorüber
vielleicht ist es gut davon zu Träumen
es ist ein kleiner Anfang
aber erst
wenn unsere Träume und Visionen
zu Werkzeugen geschmiedet sind
mit denen wir unsere
positiven Utopien
konkret
Verwirklichen können
erst dann
werden wir
den Sinn
dieser alten indianischen Weisheit verstehen. Hans Hukwa Wagner September 1994