Donnerstag, 11. Februar 2010

Das Licht der Kunst in der Natur

Wenn ich mit der Arbeit an einer Skulptur oder Installation beginne, hat zunächst einmal alles Materialcharakter. Vor mir steht oder liegt das Material. Egal ob Natur- oder Kunstmaterial, am Anfang ist alles ein "roher Klotz". Wenn ich nun mit der Arbeit beginne, wenn also das elan vital ins fließen kommt, dann entsteht langsam ein Prozess. Meditativ gehe ich vom Materialcharakter über zum Symbolcharakter. Meistens ist da eine metaphysische Idee, das Material ist Diesseitig doch die Idee ist Geistig, sie ist platonisch. Nun kommt während des Arbeitsprozesses etwas zustande das ich die Verbindung, die Vermengung nenne. Die Idee materialisiert sich, wird zur Skulptur, zur Installation oder zum Bauwerk. Zur Verbindung und letztendlich zum Ergebnis kommt es natürlich nur wenn genügend elan vital vorhanden ist. Ein Taoist würde sagen: Wenn das Chi fließt! Da ist zwar in Gedanken eine Skulptur vorhanden aber das Material hat einen Eigenwillen speziell Naturmaterialien. Bei der Arbeit mit Pflanzen, also an lebendigen Skulpturen, tritt das besonders stark hervor. Das Pflanzenwesen hat seinen eigenen Willen und mit diesem müssen sich nun meine Gedanken verbinden. Mit Pflanzen zu arbeiten ist immer Teamarbeit. Sie haben ja ihren eigenen Wachstumswillen, man kann nicht gegen sie arbeiten man muss mit ihnen zusammen arbeiten. Das ist gut so man kann viel von ihnen lernen. Allem voran Bescheidenheit! Wirkliche Kunst gelingt nur in Bescheidenheit und in Form von einfachen Handlungen. Kunst braucht das Gefühl von Eudämonie. Diese nicht in Form der sinnlichen Glückseligkeit, sondern in der Form der aristotelischen Vernunftbetätigung. Den Kunst fließt hinein in die Existenzialyen. Kunst soll unser Sein berühren, es sanft anschubsen. Durch das "Wunder der Kunst" wird die Vereinigung von unbewusster und bewusster Vernunfttätigkeit als gegenständliche Anschauung zurückgestellt. So hat es Schelling gesehen. Er war Philosoph und kein Künstler, doch das Wesen der Kunst hat er wie kein zweiter seiner Epoche erfasst nämlich den Punkt wo Kunst und Philosophie zusammen fließen, wo Kunstphilosophie entsteht. Er meinte natürlich nicht nur die bildende Kunst, sondern auch und vor allem die Dichtung. Eine unbegreifliche Macht wirkt nach Schelling auf den Künstler ein, sie treibt ihn, zwingt ihn Dinge auszusprechen, Dinge zu Tun, die für ihn selbst nicht immer begreifbar sind, "die er selbst nicht vollständig durchsieht". Schelling spricht von einer " dunklen unbekannten Gewalt", die sich mit der hellen, bewussten Absichtlichkeit des Künstlers in seinem Schaffen vermengt. Zweifelsohne spricht Schelling vom elan vital, der schöpferischen Urkraft, die im Künstler fließt. Das Unbewusste der Natur (das Licht der Natur) fließt mit seiner ganzen Kraft selbst in das Kunstwerk hinein und schenkt ihm somit seine "unergründliche Tiefe", einen "unendlichen Sinn", der einer "unendlichen Auslegung" möglich wird. Schelling denkt hier sehr tief und spricht auch sehr deutlich davon, das Kunst nicht gleich Kunst ist, er zielt auf das wirkliche Kunstwerk. Der Sinn des Werkes eines Künstlers ist nach Schelling eine "bewusstlose Unendlichkeit". Was wohl heißen soll, dass das Kunstwerk in seinem letzten Sinn niemals ganz begreifbar, sondern nur ahnbar ist. Dem wahren Kunstwerk haftet immer die Aura des Rätselhaften an, des Unergründlichen. Kunst die nicht tief genug geht, die nur eine bewusste absichtliche Tätigkeit ist war für Schelling "geheuchelte Kunst". Sie stellt ein Oberflächliches Objekt dar, dem jegliche Tiefe fehlt. Im "System des transzendentalen Idealismus" lesen wir folgenden faszinierenden Abschnitt: ... das die Kunst das einzig wahre und ewige Organon (Werkzeug) zugleich und Document der Philosophie sey, welches immer und fortwährend aufs neue beurkundet, was die Philosophie äußerlich nicht darstellen kann, nämlich das Bewusstlose im Handeln und Producieren und seine ursprüngliche Identität mit dem Bewussten. Die Kunst ist eben deswegen dem Philosophen das Höchste, weil sie ihm das allerheiligste gleichzeitig öffnet, wo in ewiger und ursprünglicher Vereinigung gleichsam einer Flamme brennt, und was im Leben und Handeln, ebenso wie im Denken ewig sich fliehen muss".
Für Schelling ist die Kunst das Gebiet, in dem Welt und Ich, Reales und Ideales, Unbewusstes und Bewusstes Wirken der Natur in vollendeter Harmonie erscheinen. Auf theoretischem Wege kann diese Harmonie nicht erkannt werden.
"Man kann das Geheimnis des Einsseins von Geist und Natur höchstens in "intellektueller Anschauung" ahnend, fühlend (intuitiv) erfassen. Das Kunstwerk aber, eine bewusste Schöpfung des Menschen und doch im letzten ein Produkt des unbewusst schaffenden Grundes der Natur, stellt diese Einheit in vollkommener Form dar – womit es zugleich den Grundgedanken der Identitätsphilosophie bestätigt". (H.J.Störig)
Wenn wir uns die Frage stellen: Was sind die Urgründe des künstlerischen Wirkens, betreten wir den Boden der Identitätsphilosophie. Schon Parmenides sagte: Denken und Sein sind identisch! Spinoza behauptet: "...das die Denkende Substanz und die ausgedehnte Substanz eine und die selbe Substanz sind, die nur bald unter diesem, bald unter jenem Attribut aufgefasst wird". Das wirkliche Kunstwerk ist also eine Ausdehnung eines uns innewohnenden Unbekannten. Schelling schreibt: "Was wir Natur nennen ist ein Gedicht, das in geheimer wunderbarer Schrift verschlossen liegt. Doch könnte das Rätsel sich lösen, würden wir die Odyssee des Geistes darin erkennen, der wunderbar getäuscht, sich selbst suchend, sich ewig flieht. Denn durch die Sinnenwelt blickt nur wie durch Worte der Sinn, nur wie durch halbdurchsichtigen Nebel das Land der Phantasie nach dem wir trachten". Dieses Land der Phantasie, können wir auch als das Land der Kunst bezeichnen. Welche Macht das Unbewusste auf die Kunst hat war ihm bewusst, letztendlich ist das Unbewusste ja der Generator der das künstlerische Schaffen antreibt. vergessen wir hier nicht dass der Ausdruck Unbewusst ausgearbeitet erst mit Freud Einzug in die Geisteswissenschaften hielt. Die Verschwisterung von Philosophie und Kunst hat Schelling angestrebt, er sah darinnen, in ihrem zusammenfließen, etwas Absolutes. So fragt er: "Gibt es überhaupt ein Wissen, so muss es ein Wissen geben, zu dem ich nicht wieder durch ein anderes Wissen gelange, und durch welches allein alles andere Wissen Wissen ist". Es ist nicht leicht diesen Gedanken über das absolute Wissen nachzuvollziehen. Bei Schelling steht er für eine absolute Identität. Im "Wunder der Kunst" tut sich für ihn der Ort auf, das "Land der Phantasie", wo dieses Absolute in Erscheinung tritt und Erfahrbar wird. Dies ist der vordergründige Sinn von Kunst, das Kunstwerk soll uns in eine andere Welt, zu anderen Bewusstseinsebenen führen.
hukwa