Eine persönliche Bestandsaufnahme
Ich habe jene Sphäre die ich Heimat nenne immer mit den
Augen des Romantikers zu sehen versucht. Selbst ein Klassiker wie Goethe ist
ein Garant des Subjektiven als auch des Objektiven. Ich meine damit Geschichte
ist etwas recht Objektives bei der Heimatgeschichte wird man schon etwas
Subjektiv. Wahrscheinlich soll das so sein da Heimatgeschichte schließlich
etwas mit meinen Wurzeln zu tun hat.
Als Heimatforscher und Volkskundler bekomme ich oft den
Vorwurf gemacht meine Anschauungen seien recht romantisch, nun, das bestätige
ich hiermit gerne. Doch in diesem Vorwurf versteckt sich noch etwas anderes,
nämlich ich sein nicht kritisch, nicht wissenschaftlich genug, das möchte ich
bestreiten, gerade die Romantik war eine äußerst kritische Erscheinung.
Ohne Zweifel suchte die Romantik das Spekulative, sie suchte
den Nervenkitzel, das Verwirrende im Erhabenen, sie suchte das Anregende in der
Phantasie und brachte dadurch vollkommen Neues hervor. Der Bewegung der
Romantik haben wir es schließlich zu verdanken dass die Beschäftigung mit der
Heimat hoffähig wurde.
So ist auch die Entdeckung der heimatlichen Landschaft, die
Heimatkunde- und Forschung eine Errungenschaft der Romantik. Mythen, Märchen,
Sagen und Volkskundliches waren Inhalte der Romantiker.
Wenn wir das Wort Romantik hören dann denken wir in der
Regel erst mal an etwas „romantisches“, dabei vergessen wir meistens das die
Romantiker sehr fortschrittlich dachten, dass sie sehr sozialkritisch und
politisch waren.
Schauen wir einmal in die Zeit zwischen 1770 und 1850 in
denen einige der Hauptwerke der romantischen Bewegung entstanden. Diese Zeit
war auch ökonomisch eine Zeit der Unruhe und Produktivität. Es war alles
Ausdruck eines bestimmten sozialen Geistes. Die Vorgängerbewegung der Romantik,
die Klassik, war in der letzten Blütezeit des Feudalismus entstanden, einem
Gesellschaftssystem, das sich schon seinem Ende zuneigte, aber glaubte es hätte
einen Anspruch auf ewigen Bestand.
Das Charakteristikum der Klassik war die festgelegte
Sozialordnung mit ihren Ängsten und ihren Zwängen. Der Zeitgeist der Romantik
war bestimmt durch den Ausdruck der neuen Möglichkeiten, die der bürgerliche
Lebensstil eröffnete.
Was waren das für neue Möglichkeiten?
Im Feudalismus waren durch den Stand, in den man
hineingeboren wurde, der Lebensweg und die Erlebnisse bereits weitgehend
festgelegt. Wer als Leibeigener geboren wurde, blieb dies bis zu seinem Tod.
Ein Leibeigener stand unter dem Schutz seines Dienstherrn (So wurde die
Leibeigenschaft z.B. im Königreich Hannover erst 1833 aufgehoben). Er erhielt
Nahrungsmittel und Kleidung von seinem Herrn. Als Gegenleistung musste er
seinem Herrn treu dienen. Wenn er diese Beziehung verließ wurde er in gewissen
Sinn frei. Aber diese Freiheit war nicht die Freiheit die er suchte. Wer seinen
Dienstherrn verließ, verlor praktisch seine Rechte. Er hatte dann nur noch die
Möglichkeit ins Kloster zu gehen oder sich als Soldat zu verpflichten. Die
Eigenverantwortung des einzelnen Menschen war also begrenzt und fest umrissen.
Der Geist des Feudalismus legte die Gefühle und Emotionen in
Fesseln. Er ließ eine Identifizierung der Mietglieder der Gesellschaft
untereinander nicht zu. Dies änderte sich erst mit der Romantik, die beeinflusst
war von der französischen Revolution. Die romantische Bewegung war demnach der
Ausdruck eines Durchbruchs der Gefühle, der seinerseits durch eine
tiefgreifende Veränderung bestimmter sozialer Organisationsformen verursacht
war. So war aus Sicht der Romantiker die französische Revolution nicht der
Beginn einer Entwicklung, sondern ihr Ende. Schließlich trugen die
Napoleonische Kriege dazu bei, den Feudalismus endlich ganz zu beseitigen und
eine neue Kultur in Europa zu verbreiten.
Nun mag der eine oder andere fragen was das eigentlich mit
Heimatgeschichte zu tun hat? Ich glaube recht viel.
Wenn ich Heimatkunde betreibe hat diese mit den Ortschaften
Wiesenthalerhof und Trippstadt zu tun. Beides Siedlungen die mit dem Namen
Hacke und Gienanth verbunden sind. Mein Geburtsort Wiesenthalerhof ist eine
Gründung derer von Hacke, später wirkte Gienanth hier. Schon als Kind waren mir
diese Namen ein Begriff und hatten des Beigeschmack der Ausbeutung an sich,
dank eines kritischen Heimatkunde
Lehrers. In meinem Heimatort hatten
diese Namen keinen besonderen Stellen wert, wurden eher kritisch betrachtet. In
Trippstadt konnte ich feststellen das man um diese Adelsfamilien schon fast
einen Kult veranstaltete. Was ich als kritischer Mensch nie so richtig nachvollziehen
konnte.
Man spricht sozusagen über einstige rauschende Feste im
Trippstadter Schloss und vergisst dabei die armseligen Hütten der Bevölkerung.
Dies ist für mich unkritische Heimatkunde, man versucht einer Epoche einen
„romantischen Schleier“ zu geben, die alles andere als romantisch war! Also der
Vorwurf den ich oft zu hören bekomme, dass ich in meinen geschichtlichen
Ansichten zu romantisch sei, trifft eigentlich auf jene zu, die mir diesen
Vorwurf machen.
Die Beschäftigung mit der eigenen Heimat oder mit der
Heimatkunde also der „Kunde“ über das was ich unter Heimat verstehe ist weder
ein romantisches Schweben noch hat es rückschrittliche Tendenzen an sich.