Sonntag, 6. Mai 2012

Romantik und Heimatkunde


Eine persönliche Bestandsaufnahme

Ich habe jene Sphäre die ich Heimat nenne immer mit den Augen des Romantikers zu sehen versucht. Selbst ein Klassiker wie Goethe ist ein Garant des Subjektiven als auch des Objektiven. Ich meine damit Geschichte ist etwas recht Objektives bei der Heimatgeschichte wird man schon etwas Subjektiv. Wahrscheinlich soll das so sein da Heimatgeschichte schließlich etwas mit meinen Wurzeln zu tun hat.
Als Heimatforscher und Volkskundler bekomme ich oft den Vorwurf gemacht meine Anschauungen seien recht romantisch, nun, das bestätige ich hiermit gerne. Doch in diesem Vorwurf versteckt sich noch etwas anderes, nämlich ich sein nicht kritisch, nicht wissenschaftlich genug, das möchte ich bestreiten, gerade die Romantik war eine äußerst kritische Erscheinung.
Ohne Zweifel suchte die Romantik das Spekulative, sie suchte den Nervenkitzel, das Verwirrende im Erhabenen, sie suchte das Anregende in der Phantasie und brachte dadurch vollkommen Neues hervor. Der Bewegung der Romantik haben wir es schließlich zu verdanken dass die Beschäftigung mit der Heimat hoffähig wurde. 
So ist auch die Entdeckung der heimatlichen Landschaft, die Heimatkunde- und Forschung eine Errungenschaft der Romantik. Mythen, Märchen, Sagen und Volkskundliches waren Inhalte der Romantiker.
Wenn wir das Wort Romantik hören dann denken wir in der Regel erst mal an etwas „romantisches“, dabei vergessen wir meistens das die Romantiker sehr fortschrittlich dachten, dass sie sehr sozialkritisch und politisch waren.
Schauen wir einmal in die Zeit zwischen 1770 und 1850 in denen einige der Hauptwerke der romantischen Bewegung entstanden. Diese Zeit war auch ökonomisch eine Zeit der Unruhe und Produktivität. Es war alles Ausdruck eines bestimmten sozialen Geistes. Die Vorgängerbewegung der Romantik, die Klassik, war in der letzten Blütezeit des Feudalismus entstanden, einem Gesellschaftssystem, das sich schon seinem Ende zuneigte, aber glaubte es hätte einen Anspruch auf ewigen Bestand.
Das Charakteristikum der Klassik war die festgelegte Sozialordnung mit ihren Ängsten und ihren Zwängen. Der Zeitgeist der Romantik war bestimmt durch den Ausdruck der neuen Möglichkeiten, die der bürgerliche Lebensstil eröffnete.
Was waren das für neue Möglichkeiten?
Im Feudalismus waren durch den Stand, in den man hineingeboren wurde, der Lebensweg und die Erlebnisse bereits weitgehend festgelegt. Wer als Leibeigener geboren wurde, blieb dies bis zu seinem Tod. Ein Leibeigener stand unter dem Schutz seines Dienstherrn (So wurde die Leibeigenschaft z.B. im Königreich Hannover erst 1833 aufgehoben). Er erhielt Nahrungsmittel und Kleidung von seinem Herrn. Als Gegenleistung musste er seinem Herrn treu dienen. Wenn er diese Beziehung verließ wurde er in gewissen Sinn frei. Aber diese Freiheit war nicht die Freiheit die er suchte. Wer seinen Dienstherrn verließ, verlor praktisch seine Rechte. Er hatte dann nur noch die Möglichkeit ins Kloster zu gehen oder sich als Soldat zu verpflichten. Die Eigenverantwortung des einzelnen Menschen war also begrenzt und fest umrissen.
Der Geist des Feudalismus legte die Gefühle und Emotionen in Fesseln. Er ließ eine Identifizierung der Mietglieder der Gesellschaft untereinander nicht zu. Dies änderte sich erst mit der Romantik, die beeinflusst war von der französischen Revolution. Die romantische Bewegung war demnach der Ausdruck eines Durchbruchs der Gefühle, der seinerseits durch eine tiefgreifende Veränderung bestimmter sozialer Organisationsformen verursacht war. So war aus Sicht der Romantiker die französische Revolution nicht der Beginn einer Entwicklung, sondern ihr Ende. Schließlich trugen die Napoleonische Kriege dazu bei, den Feudalismus endlich ganz zu beseitigen und eine neue Kultur in Europa zu verbreiten.
Nun mag der eine oder andere fragen was das eigentlich mit Heimatgeschichte zu tun hat? Ich glaube recht viel.
Wenn ich Heimatkunde betreibe hat diese mit den Ortschaften Wiesenthalerhof und Trippstadt zu tun. Beides Siedlungen die mit dem Namen Hacke und Gienanth verbunden sind. Mein Geburtsort Wiesenthalerhof ist eine Gründung derer von Hacke, später wirkte Gienanth hier. Schon als Kind waren mir diese Namen ein Begriff und hatten des Beigeschmack der Ausbeutung an sich, dank eines kritischen  Heimatkunde Lehrers. In meinem Heimatort  hatten diese Namen keinen besonderen Stellen wert, wurden eher kritisch betrachtet. In Trippstadt konnte ich feststellen das man um diese Adelsfamilien schon fast einen Kult veranstaltete. Was ich als kritischer Mensch nie so richtig nachvollziehen konnte.
Man spricht sozusagen über einstige rauschende Feste im Trippstadter Schloss und vergisst dabei die armseligen Hütten der Bevölkerung. Dies ist für mich unkritische Heimatkunde, man versucht einer Epoche einen „romantischen Schleier“ zu geben, die alles andere als romantisch war! Also der Vorwurf den ich oft zu hören bekomme, dass ich in meinen geschichtlichen Ansichten zu romantisch sei, trifft eigentlich auf jene zu, die mir diesen Vorwurf machen. 
Die Beschäftigung mit der eigenen Heimat oder mit der Heimatkunde also der „Kunde“ über das was ich unter Heimat verstehe ist weder ein romantisches Schweben noch hat es rückschrittliche Tendenzen an sich.