Wenn ich mit der Arbeit an einer
Skulptur oder Installation beginne, hat zunächst einmal alles
Materialcharakter. Vor mir steht oder liegt das Material. Egal ob
Natur- oder Kunstmaterial, am Anfang ist alles ein "roher
Klotz". Wenn ich nun mit der Arbeit beginne, wenn also das elan
vital ins fließen kommt, dann entsteht langsam ein Prozess.
Meditativ gehe ich vom Materialcharakter über zum Symbolcharakter.
Meistens ist da eine metaphysische Idee, das Material ist Diesseitig
doch die Idee ist Geistig, sie ist platonisch. Nun kommt während des
Arbeitsprozesses etwas zustande das ich die Verbindung, die
Vermengung nenne. Die Idee materialisiert sich, wird zur Skulptur,
zur Installation oder zum Bauwerk. Zur Verbindung und letztendlich
zum Ergebnis kommt es natürlich nur wenn genügend elan vital
vorhanden ist. Ein Taoist würde sagen: Wenn das Chi fließt! Da ist
zwar in Gedanken eine Skulptur vorhanden aber das Material hat einen
Eigenwillen speziell Naturmaterialien. Bei der Arbeit mit Pflanzen,
also an lebendigen Skulpturen, tritt das besonders stark hervor. Das
Pflanzenwesen hat seinen eigenen Willen und mit diesem müssen sich
nun meine Gedanken verbinden. Mit Pflanzen zu arbeiten ist immer
Teamarbeit. Sie haben ja ihren eigenen Wachstumswillen, man kann
nicht gegen sie arbeiten man muss mit ihnen zusammen arbeiten. Das
ist gut so man kann viel von ihnen lernen. Allem voran
Bescheidenheit! Wirkliche Kunst gelingt nur in Bescheidenheit und in
Form von einfachen Handlungen. Kunst braucht das Gefühl von
Eudämonie. Diese nicht in Form der sinnlichen Glückseligkeit,
sondern in der Form der aristotelischen Vernunftbetätigung. Den
Kunst fließt hinein in die Existenzialyen. Kunst soll unser Sein
berühren, es sanft anschubsen. Durch das "Wunder der Kunst"
wird die Vereinigung von unbewusster und bewusster Vernunfttätigkeit
als gegenständliche Anschauung zurückgestellt. So hat es Schelling
gesehen. Er war Philosoph und kein Künstler, doch das Wesen der
Kunst hat er wie kein zweiter seiner Epoche erfasst nämlich den
Punkt wo Kunst und Philosophie zusammen fließen, wo Kunstphilosophie
entsteht. Er meinte natürlich nicht nur die bildende Kunst, sondern
auch und vor allem die Dichtung. Eine unbegreifliche Macht wirkt nach
Schelling auf den Künstler ein, sie treibt ihn, zwingt ihn Dinge
auszusprechen, Dinge zu Tun, die für ihn selbst nicht immer
begreifbar sind, "die er selbst nicht vollständig durchsieht".
Schelling spricht von einer " dunklen unbekannten Gewalt",
die sich mit der hellen, bewussten Absichtlichkeit des Künstlers in
seinem Schaffen vermengt. Zweifelsohne spricht Schelling vom elan
vital, der schöpferischen Urkraft, die im Künstler fließt. Das
Unbewusste der Natur (das Licht der Natur) fließt mit seiner ganzen
Kraft selbst in das Kunstwerk hinein und schenkt ihm somit seine
"unergründliche Tiefe", einen "unendlichen Sinn",
der einer "unendlichen Auslegung" möglich wird. Schelling
denkt hier sehr tief und spricht auch sehr deutlich davon, das Kunst
nicht gleich Kunst ist, er zielt auf das wirkliche Kunstwerk. Der
Sinn des Werkes eines Künstlers ist nach Schelling eine "bewusstlose
Unendlichkeit". Was wohl heißen soll, dass das Kunstwerk in
seinem letzten Sinn niemals ganz begreifbar, sondern nur ahnbar ist.
Dem wahren Kunstwerk haftet immer die Aura des Rätselhaften an, des
Unergründlichen. Kunst die nicht tief genug geht, die nur eine
bewusste absichtliche Tätigkeit ist war für Schelling "geheuchelte
Kunst". Sie stellt ein Oberflächliches Objekt dar, dem jegliche
Tiefe fehlt. Im "System des transzendentalen Idealismus"
lesen wir folgenden faszinierenden Abschnitt: ... das die Kunst das
einzig wahre und ewige Organon (Werkzeug) zugleich und Document der
Philosophie sey, welches immer und fortwährend aufs neue beurkundet,
was die Philosophie äußerlich nicht darstellen kann, nämlich das
Bewusstlose im Handeln und Producieren und seine ursprüngliche
Identität mit dem Bewussten. Die Kunst ist eben deswegen dem
Philosophen das Höchste, weil sie ihm das allerheiligste
gleichzeitig öffnet, wo in ewiger und ursprünglicher Vereinigung
gleichsam einer Flamme brennt, und was im Leben und Handeln, ebenso
wie im Denken ewig sich fliehen muss".
Für Schelling ist die Kunst das
Gebiet, in dem Welt und Ich, Reales und Ideales, Unbewusstes und
Bewusstes Wirken der Natur in vollendeter Harmonie erscheinen. Auf
theoretischem Wege kann diese Harmonie nicht erkannt werden.
"Man kann das Geheimnis des
Einsseins von Geist und Natur höchstens in "intellektueller
Anschauung" ahnend, fühlend (intuitiv) erfassen. Das Kunstwerk
aber, eine bewusste Schöpfung des Menschen und doch im letzten ein
Produkt des unbewusst schaffenden Grundes der Natur, stellt diese
Einheit in vollkommener Form dar – womit es zugleich den
Grundgedanken der Identitätsphilosophie bestätigt".
(H.J.Störig)
Wenn wir uns die Frage stellen: Was
sind die Urgründe des künstlerischen Wirkens, betreten wir den
Boden der Identitätsphilosophie. Schon Parmenides sagte: Denken und
Sein sind identisch! Spinoza behauptet: "...das die Denkende
Substanz und die ausgedehnte Substanz eine und die selbe Substanz
sind, die nur bald unter diesem, bald unter jenem Attribut aufgefasst
wird". Das wirkliche Kunstwerk ist also eine Ausdehnung eines
uns innewohnenden Unbekannten. Schelling schreibt: "Was wir
Natur nennen ist ein Gedicht, das in geheimer wunderbarer Schrift
verschlossen liegt. Doch könnte das Rätsel sich lösen, würden wir
die Odyssee des Geistes darin erkennen, der wunderbar getäuscht,
sich selbst suchend, sich ewig flieht. Denn durch die Sinnenwelt
blickt nur wie durch Worte der Sinn, nur wie durch halbdurchsichtigen
Nebel das Land der Phantasie nach dem wir trachten". Dieses Land
der Phantasie, können wir auch als das Land der Kunst bezeichnen.
Welche Macht das Unbewusste auf die Kunst hat war ihm bewusst,
letztendlich ist das Unbewusste ja der Generator der das
künstlerische Schaffen antreibt. vergessen wir hier nicht dass der
Ausdruck Unbewusst ausgearbeitet erst mit Freud Einzug in die
Geisteswissenschaften hielt. Die Verschwisterung von Philosophie und
Kunst hat Schelling angestrebt, er sah darinnen, in ihrem
zusammenfließen, etwas Absolutes. So fragt er: "Gibt es
überhaupt ein Wissen, so muss es ein Wissen geben, zu dem ich nicht
wieder durch ein anderes Wissen gelange, und durch welches allein
alles andere Wissen Wissen ist". Es ist nicht leicht diesen
Gedanken über das absolute Wissen nachzuvollziehen. Bei Schelling
steht er für eine absolute Identität. Im "Wunder der Kunst"
tut sich für ihn der Ort auf, das "Land der Phantasie", wo
dieses Absolute in Erscheinung tritt und Erfahrbar wird. Dies ist der
vordergründige Sinn von Kunst, das Kunstwerk soll uns in eine andere
Welt, zu anderen Bewusstseinsebenen führen.
hukwa
Foto © UteKW |