Wenn die Utopie auf ein
ideales Leben weist,
ohne zum Plan...zur
leblosen Maschine zu werden...
so wird sie tatsächlich
die Verwirklichung des Fortschritts.
Marie Louise Berner
„Das einzige, was wir über
die Lage von Nirgendwo wissen ist, dass es nicht da liegt, wo wir
sind. Nirgendwo- das ist die Welt der Wünsche, der Träume, der
Ideale“. Dies schrieb Wilhelm Liebknecht im Mai 1892 in seinem
Vorwort zur deutschen Übersetzung von William Morris Roman „News
from Nowhere“, den „Die Neue Zeit“ damals unter dem Titel
„Kunde von Nirgendwo“ in Fortsetzungen veröffentlichte. Der
Schauplatz dieser Handlung London scheint für Morris mehr von
biographischer als von geographischer Bedeutung gewesen zu sein.
Also: Nirgendwo kann auch Anderswo – Irgendwo sein.
Die Utopie ist die Welt des
Noch – Nicht. Über die der Philosoph Ernst Bloch in seinem Werk
„Das Prinzip Hoffnung“ schreibt: Das Alles im
identifizierenden Sinne ist das überhaupt dessen, was die Menschen
im Grunde wollen. So liegt diese Identität allen Wachträumen,
Hoffnungen, Utopien selber im dunklen Grund und ist ebenso der
Goldgrund auf dem die konkreten Utopien aufgetragen sind. Jeder
solide Tagtraum meint diesen Doppelgrund als Heimat; er ist die noch
ungefundene, die erfahrene Noch-Nicht-Erfahrung in jeder bisher
gewordenen Erfahrung“.
Seit Plato in seinem „Staat“
den Träumen vom „Goldenen Zeitalter“ zum ersten mal eine
literarische Form gab, finden wir in der Literaturgeschichte viele
politische „Nirgendwo`s“. Schriftsteller und Dichter wie
Plutarch, Aristophanes, Camapannella, Andrea, Bacon, Rabelais, de
Foigny, Cabet, Bellamy schrieben ihre Utopien nieder.
Doch von all diesen Utopien
finde ich „Die Kunde von Nirgendwo“ die beste. Als einzige
basiert sie ausschließlich auf der individuellen Freiheit, was sie
im Zusammenhang mit anderen Utopien zu einer deutlichen Ausnahme
macht.
Morris hat eine Gesellschaft
entworfen, in der die Regierung überflüssig geworden ist, denn
diese ist nur die „Maschinerie der Tyrannei“ und wenn die
Tyrannei ein Ende hat ist diese Regierung nicht mehr notwendig.
Der Mensch der weiß das er
die Verantwortung für sich selbst trägt, braucht keine Politiker
mehr die ihn verwalten und regieren. Nirgendwo das kann in uns selbst
sein. Ein Ort, ein Land das in den Tiefen unseres Geistes verborgen
ist.
Nach der Meinung von William
Morris kann eine freie, gerechte und glückliche Welt nur dann
entstehen, wenn die Menschen die Freiheit so stark wünschen, dass
sie von ihrer Stärke Gebrauch machen und das alte System umwandeln.
In einer Zeit ökologischer
Katastrophen, sozialer Ausbeutung und Kriegen, könnte es eine
heilsame Übung sein, sich diesen Philosophen und Schriftstellern
zuzuwenden, die von positiven Utopien träumten, die alles
zurückgewiesen haben was ihrem Ideal von humanen Fortschritt nicht
entsprach.
Und heute da es ein großes
Potential des Widerstandes gegen die ökologische Ausbeutung gibt
können utopische Wunschbilder zumindest Teil eines
Möglichkeitsrealismus sein, ganz gleich wo man Nirgendwo sucht, es
ist hier in unserer Welt verborgen. Utopien müssen nicht in
Weltflucht und Tagträumen enden, sie können eine inspirierende
Kraft werden auf dem Weg zu neuen, menschlicheren
Gesellschaftssystemen.
William Mooris sagte:“Dies
ist die Art von Gesellschaft, in der ich wohl gerne leben würde. Nun
sagt mir, welches eure ist“.
hukwa
Lit.
Hinweise:
Ernst
Bloch: Das Prinzip Hoffnung, Seite 368.
Marie
Louise Berner: Reise durch Utopia.
William
Morris: Kunde von Nirgendwo.
Brigitte
Wombs: Landschaft zwischen Ideal und Illusion.