Montag, 13. April 2020

Langsamkeit in der Krisenzeit

Viele von uns entdecken in dieser Krisenzeit die Existenz von Eigenzeit. Das rasante Eiltempo der Wirtschaft ist unterbrochen und die Menschen bemerken, dass zwischen ihrem beruflichen Ein – und Ausstieg etwas sehr wichtiges liegt – ein Leben - das weitgehend von dem Diktat der Uhr bestimmt ist. Eine Uhr die von der Wirtschaft aufgezogen wird und die jedem Bürger Programmzeiten aufdrückt nach denen er leben muss. Vielleicht bemerken nun auch einige, dass unsere Hochgeschwindigkeitsgesellschaft politisch als auch privat gar nicht so zukunftsfähig ist. Wirtschaftliche Beschleunigung heißt in Zeiten des Turbokapitalismus ja nichts anderes als Entrhythmisierung des Privatlebens der BürgerInnen. Tragischerweise brauchen wir anscheinend Krisen und Krankheiten oder gar Katastrophen um aus der Hetzjagd und den materialistischen Sachzwängen auszusteigen. Für hunderttausende Menschen in unserem Land fallen Nachtruhe, Feiertage und Urlaub dem Beschleunigungszwang anheim. Dabei hat es die Evolution doch ganz anders eingerichtet: sie hat uns Grenzen gesetzt die wir lange schon ignorieren. Aber die Symptome zeigen sich überall, nicht nur in den täglichen Stressanforderungen die von der Wirtschaftszeit festgelegt werden. Sollten wir diese gefährliche weltweite Krise überwinden, dann wäre es endlich an der Zeit, dass man den Menschen ermöglicht ihre eigene Zeitvorstellung zu leben. Es kommt darauf an, dass jeder einzelne Mensch selbst das Tempo und den Rhythmus seines Lebens bestimmt.
Dies dürfte unsere Wohlstand- und Konsumgesellschaft nicht besonders gefährden. Vielleicht hört dann endlich auch das sinnlose produzieren um der Produktion wegen auf. Unsere PolitikerInnen könnten sich dann auch einmal Gedanken über eine neue „Zeitpolitik“ machen. Die derzeitige gesellschaftliche Entwicklung mit ihrem Krisenhintergrund braucht besonders eines, nämlich Zeit - denn die Gefahr steht im Weltenraum, dass diese Entwicklung tragisch verlaufen kann. Was wir jetzt vor allem brauchen sind Haltungen und Sinngebungen, die die Weltgemeinschaft in eine machbare Zukunft überleiten und dazu braucht man Zeit und jetzt hätten wir die Zeit dazu.

hukwa