Donnerstag, 20. November 2008

Naturphilosophie




Naturphilosophie
Von Hans Wagner

Ein Anriss


Naturphilosophie ist die geistige Beschäftigung mit der Natur, somit auch sich Gedanken machen über das Leben selbst. Dadurch geht die Naturphilosophie eine Bindung mit der Metaphysik ein.
Metaphysik ist, die erkenntnistheoretische Betrachtung der inhärenten Innenseite der Natur, also der Gegenpol zur sinnfälligen Außenseite, die ebenso wirklich ist wie die äußerlich sinnfällige. Das Metaphysische ist der verständlich zu erfassende Wesenskern der Dinge, und sofern wir nach reiner Erkenntnis streben, ein nicht minder wichtiges Erkenntnisgebiet wie die uns umgebende sogenannte „Realität“. Versuchen wir doch einmal unser anerzogenes Denken über Natur, zu verlassen. Nun stellen wir uns Natur als etwas „Fließendes, Schaffendes, Tätiges, als natura naturans vor. „Sie hat keine Sprache noch Rede, aber sie schafft Zungen und Herzen durch die sie fühlt und spricht“, schreibt Goethe 1783 in dem Fragment „die Natur“. Und er schreibt weiter:“Natur!
Wir sind von ihr umgeben und umschlungen- unvermögend, aus ihr herauszutreten, und unvermögend tiefer in sie hinein zu kommen. Ungebeten und ungewarnt nimmt sie uns in den Kreislauf ihres Tanzes auf und treibt sich mit uns fort, bis wir ermüdet sind und ihrem Arme entfallen“.
Fügen wir nun noch hinzu: „Und sie schafft einen Geist, durch den sie denkt und zu Bewusstsein kommt“, so sind wir zum Grundgedanken des größten deutschen Naturphilosophen F.W. Schelling vorgestoßen, wie er ihn in seinem System des transzendentalen Idealismus entfaltet: „Das höchste Ziel, sich selbst ganz Objekt zu werden, erreicht die Natur erst durch die höchste und letzte Reflexion, welche nichts anderes als der Mensch, oder, allgemeiner, das ist, was wir Vernunft nennen, durch welche zuerst die Natur vollständig in sich zurückkehrt, und wodurch offenbar wird, dass die Natur ursprünglich identisch ist mit dem, was in uns als Intelligentes und Bewusstes erkannt wird“.
Naturphilosophie untersucht also, was Natur ist und hat dabei immer die Gesamtwirklichkeit im Blickfeld. Der Naturphilosoph sieht die Zusammenhänge in der Natur als Ganzes, was die Naturwissenschaft ablehnt. Man kann es auch so ausdrücken: Die Naturwissenschaften streben nach Ergebnissen, die Naturphilosophie nach Erkenntnis.
Die Romantik ist mit einer schwärmerischen, ja mystischen Naturbetrachtung hervorgetreten.
Der Naturphilosoph dieser Epoche, war der bereits zitierte Schelling. Viele sehen in ihm einen Romantischen Philosophen, vielleicht ist dem so- aber ohne das Erbe der Romantik, wäre unsere Geschichte sehr arm. Auch romantisches Schwärmen ist etwas reales. Mystisches Schwärmen kann zu realen Ergebnissen führen zum Beispiel in der Wissenschaft. Kepler, der die Gesetze der Planetenbewegung nicht etwa schlechthin auf rechnerischem Weg fand, sondern dessen Geist geradezu in mystischer Hingabe aus dem inneren Schauen und Glauben an die Harmonie der göttlichen Gesetze im Weltall zu jener Erkenntnis kam und erst danach sie rechnerisch darzustellen verstand. Auch Einstein kannte solche mystische Momente. Auf solchen Einsichten in das Innere der Natur beruht letzthin alle Naturphilosophie.


Unsere Gesellschaft hat vor langer Zeit ein Monstrum gezeugt. Diesem Monster gab man einen Namen: Intellektueller! Als ob es einen Menschen geben könnte, dessen Wesen auf den reinen Intellekt reduziert werden kann. Der reine Intellekt von der Ganzheit des Menschen getrennt, bedeutet dessen seelischer Tod. Es ist die absolute Verleugnung des unbewussten aus dem letztendlich die Kreativität des Menschen entspringt. Nur ein solch intellektuelles Wesen ist bereit eine Atombombe zu entwickeln.
Man kann viele Beispiele dafür anbringen was passiert wenn Wissenschaft und Philosophie getrennte Wege gehen.
Natürlich unterscheiden sich beide Disziplinen aufs stärkste im Fragepunkt als auch in der Methode.
Der Gegenstand der Naturwissenschaft ist die Natur als messbare Wirklichkeit; Gegenstand der Naturphilosophie ist die Natur in ihren Seinsprinzipien. Während Naturwissenschaften nach dem „Wie“ des Objekts fragen, fragt die Naturphilosophie nach dem Wesen und dem Ursprung der Dinge und nach ihrem Dasein. Die Methode der Naturwissenschaften ist die exakte Objektbeschreibung- und Erfassung, während die Naturphilosophie das logische Schlussverfahren benutzt. Sie begnügt sich also nicht mit einer geordneten Darstellung des Faktischen und mit der bloßen Hinnahme des Gegebenen, sondern fragt weiter nach den letzten Begründungen des Seins, wie es eben die Auggabe und der Sinn aller Philosophie ist.


Deshalb können wir die Natur nur deuten, wenn und soweit unser eigenes Wesen von innen her in lebendigem Bezug zu seinem schöpferisch – kreativen Urgrund steht, der auch aller anderer Naturerscheinungen Urgrund ist. Von dort empfängt es den Sinn seines äußeren Erlebens, von dort erhält unser Bewusstsein seinen Inhalt, also direkt von der „alten Erdmutter“. Aus diesen Tiefen erhält dann alles seine Be- deutung.