Sonntag, 7. Dezember 2008

Der Mensch ist ein Werdender

oder jenseits des Denkens

Sobald wir etwas spalten wird es uns gefährlich. Sei dies im physikalischen Bereich die Kernspaltung, sei es im psychischen Bereich die Persönlichkeitsspaltung. Mit der Spaltung trennen wir uns vom Ganzen. Wenn wir das Ganze nicht mehr erkennen können, werden seine Teile sich gegen uns richten. Die Kirche hat aus dem göttlichen Urprinzip ein gutes und ein böses gemacht um der Menschheit einen angeblichen Schöpfergott vorzusetzen, der die Menschen lenken würde. Nun hat die Kirche nicht das göttliche Prinzip gespalten, diese Macht hat niemand, aber sie hat über ihre dogmatische Lehre, die eine Falschauslegung der uralten Weisheitslehren ist, das Bewusstsein des Menschen gespalten.
Im christlich – kausalistischen Denken muss es immer zwei voneinander getrennte Gegenstände geben, von denen der eine den anderen beeinflusst. Also trennte sie Gott von seiner Schöpfung um somit den Weg frei zu machen für ihr: "Macht euch die Erde untertan".
Ein Gott soll von außen die Natur lenken und somit auch seine Geschöpfe. Die Konsequenten eines solch verkehrten Gottesbildes und seine Wirkung auf den Lebensbereich des Menschen
Erkennen wir an der Naturzerstörung und an der fortschreitenden Weltklimakatastrophe. Wenn wir uns die Mühe machen und das Gottesbild bei den östlichen Religionen als auch bei den Indianern zu studieren bemerken wir sehr schnell dass Schöpfer und Schöpfung identisch sind. Aus diesem Einssein, was ja das Ganze repräsentiert und nicht nur eine gewisse Anzahl seiner Teile, erwächst Identität. Diese Identität mit der ganzen Natur und somit auch mit der ganzen Welt, bewirkt im einzelnen Menschen Vertrauen, Hoffnung und Geborgenheit, wir fühlen eine Weltgeborgenheit und keine Weltfeindlichkeit. Solch Welt – und Naturvertrauen ist der westlichen Gesellschaft verloren gegangen. Wenn nun meine vertraute Haltung zur Welt verloren geht, passiert es sehr schnell das ich Angsthaltungen einnehme und Unsicherheiten in mir Entstehen. Meine innere Entwicklung hält mit meiner äußeren Entwicklung keinen Gleichschritt mehr, folglich bin ich verunsichert. Der Versuch dieser Angst und Unsicherheit zu entrinnen, treibt mich auf Dauer in die Versuchung materielles anzuhorten und nach materieller Macht zu streben um so dann tödliche Waffen zu konstruieren um diesen materiellen Reichtum zu schützen.
Es geht nicht nur dem westlich orientierten Menschen um materielles Wachstumstreben, Leistungssteigerung und Ausbeutung sämtlicher Bodenschätze, inzwischen ist diese westliche Eigenart zu einer Weltmentalität westlicher Prägung geworden. Aber diese staatlichen Weltwirtschaftssysteme, die ja pure Ausbeutungssysteme sind, da sie Leistungssteigerung zu einer ethischen Grundlage erklärt hat, ist in ihrem Ansatz schon perspektivlos, weil eben Ressourcen begrenzt sind: Sei es Erdöl oder andere Bodenschätze, seien es unsere Luft oder unser Trinkwasser, all das unterliegt den natürlichen Gesetzen der Begrenzung. Anstatt das der Mensch sich auf sein inneres Wachstum bestimmt und dieses mit äußerem Wachstum in Gleichklang bringt, bleibt er Gespalten und sucht sein Heil allein im materialistischem Wachstum. Es war der große Leonardo da Vinci der vor langer Zeit folgende Sätze schrieb:
"Die werden immer untereinander Kämpfen und sich größten Schaden zufügen, und vielen werden sterben auf beiden Seiten. Es wird keine Grenzen geben für ihre Bosheit und mit ihrer Wildheit werden sie die großen Bäume der Wälder des Universums zu Boden reißen. Dann, wenn sie satt sind, wird ihr Wunsch davon genährt sein, Tod zu geben, Leiden, Ungemach, Kriege und Wut, ganz gleich auf wen und was da lebt. Und in ihrem unersättlichen Hochmut werden sie sich zum Himmel hinauf heben wollen, doch durch die allzu große Schwere ihrer Leiber werden sie unten bleiben. Nichts auf Erden, unter der erde oder im Wasser wird es geben, das nicht verfolgt, aufgestöbert, verdorben wird und von dem einem Land ins andere versetzt... O Welt! Warum öffnest du nicht die tiefen Spalten deiner Höhlen und Abgründe und schleuderst sie da hinab, damit der Himmel nicht mehr den Anblick dieser grausamen und ruchlosen Ungeheuer erdulden muss..."
Manchmal kann es uns erscheinen wenn wir der Politik zu hören, das bald nichts mehr wächst außer den Wachstumsfloskeln. Wachstum und Ausbeutung bis gar nichts mehr geht. Der Kollaps wird noch stärker über die Menschheit hereinbrechen als dies bis jetzt der Fall ist. Die männliche Struktur in unserer Gesellschaft und somit sein Herrschaftsdenken, das ja auf Ausbeutung und Beherrschung seiner Umgebung und Mitwelt ausgerichtet ist, entspringt schließlich dem gespaltenen Sein des Menschen. In der Politik, vielfach auch in den Naturwissenschaften führt dies zu Machtanspruch, Machtrausch und Machtmissbrauch.
Der Prototyp dieses gespaltenen Menschen, ist der westliche Mensch der sich 2000 Jahre lang einer dogmatisch – monotheistischen Religion fügte, die jegliche Ausbeutung der Natur zu ihrem höchsten Ideal erklärt hat. Wenn die höchste Instanz der katholischen Kirche sich gegen Verhüttungsmittel ausspricht und dies sogar noch als Sünde hinstellt, was zur Folge hat, das die Überbevölkerung in der dritten Welt noch mehr zu nimmt, als es ohnehin schon der Fall ist, kann dies weder eine ethische noch eine religiöse Einstellung sein. Es ist das Gegenteil nämlich eine Kriegserklärung gegen die Welt in der wir alle Leben. Überbevölkerung muss Hunger zur Folge haben, in einer Welt deren Schätze nicht ehrlich verteilt sind, damit eben Umweltzerstörung was Verteilungskämpfe nach sich zieht und somit zu Krieg und Flüchtlingsströmen der Ärmsten. Wem es an Liebe und Vernunft mangelt der Besitzt meist ein starkes potential an Gewalt. Dies ist keine These dies ist Realität, wir brauchen schließlich nur den Verlauf unserer Geschichte zu beobachten.
Wir sind in diese Wahnsinnslage hineingefallen, weil wir eben über unseren Fortschrittsglauben und der Sucht nach Reichtum, die dazugehörige innere Entwicklung vergessen haben. Wir leben noch immer in der Versuchung ein irdisches Paradies zu schaffen und vergessen dabei die Würde und die Bedürfnisse der Erde selbst, aber auch die Bedürfnisse von jenen die auf dieser Erde leben und dies ist schließlich nicht nur der Mensch allein. Die Wirklichkeit selbst ist nicht gespalten, nur die Welt wie wir sie projizieren, wie wir sie uns vorstellen ist gespalten. Mit dem Verlust des Einsseins und der Ganzheit, haben wir auch den Verlust unseres Selbst anzumelden. Durch diesen Verlust der uns zur Annahme eines blinden Fortschrittsglaubens getrieben hat, haben wir die weichen für unsere Selbstvernichtung nicht nur gestellt, sondern schon damit begonnen diese einzuleiten. Neben den ökonomischen und ökologischen Katastrophen, stehen den Weltmächten genügend Atomwaffen zur Verfügung um die gesamte menschliche Rasse von diesem einst so wunderbaren blauen Planeten verschwinden zu lassen. Dennoch besteht auch in diesen Zeiten weiterhin die Möglichkeit einer Umkehr, doch diese muss eine innere Umkehr des Menschen sein, eine Kehre die uns wieder mit dem Ganzen vereint. Denn es ist die Anlage des Menschen das er ein "Werdender" ist und kein "Vergehender" ist, vergehend sind wir nur im Sinne unseres physischen , aber Werdende sind wir im Sinne unseres Wachsen zum Ganzen hin.
Denn ein solches Werden ist schließlich die metaphysische Bestimmung des Menschen, eine Bestimmung die er nicht nachvollziehen kann weil er die Wirklichkeit die ihn umgibt nicht Erkennen kann, der Mensch mag die Realität Erkennen, jedoch die Wirklichkeit in der das Ganze wirkt ist ihm immer fremd geblieben. Die meisten scheitern an der Erkenntnis der Wirklichkeit weil sie nicht um die Beschränktheit ihres Denkens wissen. Der englische Philosoph Francis Bradley drückte es so aus: "Wirklichkeit ist jenseits des Denkens und jenseits aller Teilaspekte des Seins, doch schließt sie alle ein. Jedes von diesen vervollständigt sich selbst, indem es sich mit anderen vereint und so die Vollkommenheit des Ganzen ergibt.
Und dieses Ganze ist Erfahrung, denn alles andere als Erfahrung ist sinnlos." Wenn der Mensch nun keine Erfahrungen machen kann, also wenn er aus dem was er erfährt, keine Schlüsse ziehen kann wird sein Leben sinnlos. Es muss uns auch klar sein das wir diese Wirklichkeit nicht über intellektuelles Analysieren erreichen, den unserem rationalen Denken wohnt schon eine Begrenzung unserer metaphysischen Möglichkeiten inne. Denken ist eben nur ein notwendiger Schritt zum Erreichen der Wirklichkeit. Das Wesen der Wirklichkeit
behauptet Bradley wird vielmehr durch Erfahrung oder, wie er es an anderer Stelle nennt, durch eine höhere Unmittelbarkeit erfasst, die er auch Ganzheit der Erfahrung nennt. Während des Prozesses der Annäherung an die Wirklichkeit erreichen wir unvermeidlich ein Stadium, das jenseits des Denkens liegt, in dem reine Verstandestätigkeit hilflos wird, und wir die Wirklichkeit nur intuitiv erfahren können. Am Schluss seines Werkes "Erscheinung und Wirklichkeit" schreibt er. "Wirklichkeit ist eine Erfahrung, selbstdurchdringend und reinen Relationen überlegen. Ihr Charakter ist das Gegenteil des legendären Extrems, welches bloß materialistisch ist, und ist am Ende die einzige vollkommene Verwirklichung des Geistes. Es ist also ein angemessener Abschluss dieses Werkes, zu behaupten, das Wirklichkeit spirituell ist". Der Prozess von dem Bradley hier spricht ist einfach jener der zum Erwachen eines neuen Bewusstseins führt. Dieses "neue Bewusstsein" ist gar nicht so neu, in der Philosophie kennt man dieses seit überhaupt philosophiert wird, ein Bewusstsein das sich nach innen zu sich selbst wendet. Dieses Erwachen ist ein erwachendes Bewusstsein das sich mit seinem Unbewussten vereinigt hat.