Montag, 26. Oktober 2009

Orchidee des Jahres 2010

Der Frauenschuh ist Orchidee des Jahres 2010

Orchideen
"Woher, woher mit diesen lichten Schwingen
Gleich Kolibris und winzigen Schmetterlingen?"
Nicht kommen wir aus weitentlegenen Ländern,
Sind ich und du in andern Leibs Gewändern,
Nun selige der Wiese.- Sieh wir künden
Verklärung dir auf deinen eigenen Gründen:
Was sich in Schmerz von dir einst ausgeschieden,
Wir zeigen dir´s in unserem Blumenfrieden.
Was einst von dir in Müdigkeit zerflossen.
Das fährt nun auf in prächtigen Karossen.
Geheilt so ganz von einstigen Daseins Narben.
Erstrahlt es dir in gelb und weißen Farben.
Die Schrift der Lippe hier, die Hieroglyphe,
Sie künden dir von einem Ordensbriefe.
Bezeugend, dass an dieser Wiese Borden
"Ein Teil von dir ist heilige geworden."
Christian Wagner


Der Frauenschuh (Cypripedium calceolus) wurde zur heimischen orchidee des Jahres 2010 gekürt. Diese stark gefährdete Pflanze, gilt als unsere schönste heimische Orchidee. Auch im Pfälzerwald hat diese Pflanze noch einige wenige Standorte. Der Frauenschuh wird zwischen
20 und 50 cm hoch; an seinen Stängel sitzen breite elliptische, zugespitzte Blätter, und er trägt meist 1-2 selten 3 oder 4 Blüten. Die Lippe der Blüte ist auffallend Goldgelb gefärbt und pantoffelartig gestaltet. Blütezeit ist von Mai bis Juli. Der Frauenschuh ist kalkgebunden und tritt vorwiegend in leicht schattigen Buchenwäldern auf.
Erst etwa 16 Jahre nach Keimen des Samens kommt der Frauenschuh erstmalig zur Blüte: jahrelang hängt der Keimling am "Tropf" der Symbiose mit einem Pilz. Grabbienen, die in den "Schuh" fallen, können die glatten Wände der Kesselfalle nur auf einem ganz bestimmten Weg über den Geschlechtsapparat der Pflanze verlassen, wodurch es zur Bestäubung kommt.
Der wissenschaftliche Name der Blume setzt sich aus Cypria (= Beiname der Venus), griech. pedilon (=Schuh) und lateinisch calceolus (= kleiner Schuh) zusammen. Alle heimischen Orchideen sind vom aussterben bedroht und stehen unter strengem Schutz. Ohne eine Symbiose mit Pilzen können Orchideen nicht existieren, diese Lebensgemeinschaft, reagiert äußerst sensibel gegen Veränderungen des Bodens wie Überdüngung und Entwässerung. Daher hat der Frauenschuh fast nur noch in Naturschutzgebieten eine Überlebenschance.
Die Welt der Orchideen ist lang noch nicht erforscht. Seit eh und je waren sie von Geheimnissen umwittert, ja galten als Verkünder von Unheil. Ihre Blüten sind nicht nur exotisch und teuer, sondern auch völlig anders als die der übrigen Pflanzen. Dass eine Orchideenblüte dieselbe Aufgabe erfüllen soll wie die eines Löwenzahns, wird einem vielleicht absurd erscheinen, doch tatsächlich sind die Blütenbestandteile der Orchidee im Prinzip dieselben wie die der übrigen Pflanzen. Freilich sind sie im Lauf der Evolution, besonders hinsichtlich der Vorrichtungen für die Fremdbestäubung durch Insekten, weitgehend verändert worden. Wegen ihrer einzigartigen Blütenformen ist die Familie der Orchideengewächse (Orchidaceae) auch in der Mythologie immer wieder anzutreffen.
Der Name "Orchidee" stammt aus der Antike und geht zurück auf die alten Griechen. Als erster soll Theophrastus, Schüler des Platos, eine Orchidee beschrieben haben; jedenfalls fand er eine Pflanze mit paarweise angeschwollenen Wurzeln, die ihn an Hoden erinnerten, so dass die Pflanze als Hoden bezeichnete.
Die Ähnlichkeit der Orchideen – Wurzelknollen fiel auch im Mittelalter auf. Die Botaniker dieser Zeit sammelten Wurzeln, die wie Hundeknochen aussahen und nach ihrer Beschreibung sicherlich Orchideenwurzeln waren. Man verwendete sie gern zur Bereitung von Liebestränken. Auch heute noch werden Orchideen in manchen Teilen der Erde zu medizinischen Zwecken genutzt. Die Zulus verwenden einen Extrakt aus Habenaria als Brechmittel; die Malayen behandeln Hautausschläge mit einem Dendrobium – Extrakt; in Südamerika verwenden die Indianer Spiranthes als Diuretikum (Entwässerungsmittel) und Epidendrum als Mittel gegen Bandwürmer.
Weltweit umfasst die Familie der Orchideen etwa 20 000 bis 35 000 Spezies – niemand kann mit Sicherheit sagen, wie viele es wirklich sind.
hukwa