Dienstag, 8. März 2011

Die heilige heidnische Familie

Der Wald ist mir schon immer ein Mittler zwischen den Welten. Vor allem die alten knorrigen Baumgestalten der Wälder meiner Heimat sind es die mich oft in eine andere Bewusstseinsebene führen. Der Wald wird immer das Reich der Fabelwesen bleiben, des romantischen aber auch des dämonischen, des vegetativen, wo die Welt eben ganz anders ist. Im Wald gelingt es uns manchmal einen Blick in die Urzeit des Menschen zu werfen. Eine solche Vision hatte wohl auch Albrecht Dürer vor Augen als er 1505 den Kupferstich "Satyrfamilie" fertigstellte. Dürer setzte die Satyrfamilie in einen dichten Urwald mit mächtigen knorrigen Baumriesen. Obwohl wir von diesen nur die Stämme sehen, erhalten wir doch einen großen Eindruck von der Wuchsstärke dieser Bäume. Dieser Kupferstich ist ein Sinnbild heidnischer Urzeit, wie sie zum christlichen gegensätzlicher nicht gedacht werden kann. An die Stelle der christlichen Geschichte stellt Dürer in dieser Arbeit die Natur und den Mythos. Dürer gibt dieser "heidnischen Familie" etwas unantastbar heiliges. Für die damalige Zeit war dieses Werk mehr als gewagt, schließlich flackerten in ganz Europa täglich die Höllenfeuer des Christentums. Dürer stellte der "heiligen Familie des Christentums" bewusst eine "heilige Familie des Heidentums" entgegen.
hukwa