Sonntag, 29. Januar 2012

Vom Gesamtkunstwerk zum universellen Kunstwerk

Die Stücke die ich geschrieben habe, stehen heute noch so vor meinem inneren Auge wie damals vor fast vierzig Jahren als ich sie niederschrieb und als sie aufgeführt wurden. Dem Theater liegt eine gewisse Magie zugrunde, jedenfalls das Theater das ich meine. Für mich hat das sehr viel mit Ritual zu tun und natürlich mit Dichtung. Schon meine frühesten Gedichte die ich in der Jugend schrieb waren Rituale. Als Dichter mag ich das hermetische genau so wie das Konkrete und Gesellschaftskritische. Das Dionysche bewegt meine Sprache genau so wie das Dionysche. Um in keinem Labyrinth gefangen zu sein, fällt es mir nicht schwer an einem sozialkritischen Text, als auch in der rituellen Mystik und Magie zu arbeiten. So begann ich auch Theaterstücke zu schreiben. Ich bin der Meinung ein Bühnenstück soll Köpfe bewegen und soll sich an die Existenz des Einzelnen richten. Ziel meines dramatischen Konzepts ist und war die Sprengung der Kluft zwischen Bühne und Zuschauerraum Handlung darf auf keinen Fall brav und in ordentlicher Reihenfolge ablaufen, das geht schließlich im Leben auch nicht. Auf der Bühne muss jedes Mittel das zur Verfügung steht ausgeschöpft werden, wie ich dies bei meinem Stück „Baal“ umgesetzt habe. Licht, Farbe, Masken, schrille Töne, Schreie und Körpersprache. Theater ist für mich kein Schauspiel sondern ein Moment im Dasein des Lebens, wie ein Fest, ein Ritual oder ein Gottesdienst. Immer wenn mein künstlerisches Schaffen das Theater berührte hatte ich das Gefühl dass die Bezeichnung Gesamtkunstwerk nicht mehr ausreicht für das was ich tue. Die Bezeichnung „universelles Kunstwerk“ wäre angebrachter, weil die Inhalte ja über das irdische hinaus streifen. Denn die Heimat des Künstlers ist ja universell. Ich spreche nicht gern in der Einteilung von Schriftsteller, Maler, Dichter und Bildhauer. Ich rede lieber vom Künstler. Der wirkliche Künstler ist kein Mensch der Arbeit, o nein, das wäre zu wenig. Ein Künstler muss dienen. Seine stärkste Eigenschaft ist seine Selbstdisziplin. Ein Künstler der an sich zweifelt ist kein Profi, er ist Amateur. Dies darf aber nicht so verstanden werden das sich der Künstler keiner Eigenkritik und Selbstanalyse unterzieht. Kritik und Analyse gehören in das Leben des Künstlers wie die täglich aufs Neue erkämpfte Selbstdisziplin. Der wirkliche Künstler verfügt über eine jederzeit abrufbare Kreativität. Als universeller Künstler bin ich ja immer Bühnenakteur, ob ich am Theater arbeite, in einem Film mitspiele oder in meinem Atelier arbeite, das Leben selbst ist die Bühne. Und nur auf der Bühne des Lebens werden die wahren Geschichten geschrieben. Der universelle Künstler bewegt sich immer auf einer Bühne und er agiert immer. Mit Sprache, Schrift, Tanz, Pinsel, Farbe oder Wort, mit Meißel oder Hammer. Beim Tänzer ist dies sein Körper, der Tänzer steht dem universellen Kunstwerk besonders nahe. Ein guter Tänzer braucht noch nicht einmal Musik, er tanzt nach dem „Sphärenklang“. Wirklicher Tanz hat etwas abstraktes an sich. Der „Sphärentänzer“ und der abstrakte Maler haben vieles gemeinsam, bewegen sie sich doch beide auf der Sphäre ihrer selbstgezeugten Vision. Wichtig aber ist letztendlich jedoch dass in jeder künstlerischen Handlung eine gewisse Würde liegt. Ohne Würde gibt es keine wahre Kunst. Und nur in dem ich der Kunst diene darf ich mich auch universeller Künstler nennen. Das vielgerühmte Arbeitstier, der Workaholic gibt es nicht in der Kunst. Ein solcher Künstler ist ein verschnittener Ochse aber kein würdevoller Stier. So wie es Hunde und Wölfe gibt, so gibt es auch Künstler und solche die in der Illusion leben Künstler zu sein. Natürlich lebe ich als Künstler in einer ständigen Metamorphose. Ich lege Altes ab und nehme Neues auf, ich vermenge alt und neu, anders wäre ich ja dogmatisch. Für den Künstler und sein Werk sind „Häutungen“ so wichtig, wie sie es für die Schlange im Tierreich sind. Eben Überlebensnotwendig! So sieht der Künstler auch jeden Moment seines Lebens als Bühnenakt. Jeder Moment seines irdischen Daseins ist seiner Kunst gewidmet und er zelebriert ständig das „Hohe Lied der Kunst“. Sein ganzes Sein ist ein Exerzitium, für das einzig Lebenswerte das er kennt: Die Kunst! Es wäre der Kunst unwürdig sie zur Arbeit herab zu degradieren, nein, Kunst zu machen bedeutet Dienen.
hukwa