Dienstag, 7. Februar 2012

Apollonius von Tyana

An seiner Geschichtlichkeit ist nicht zu zweifeln. Er war Philosoph und der größte Magier des Abendlandes. Doch was wir von ihm wissen, stammt aus einer romanhaften Lebensbeschreibung des Sophisten Philostarus der die Geschichte des Apollonius im 2.Jh. nach Christus niederschrieb im Auftrag der Kaiserin Julia Domna, der Gemahlin des Septimius Severus. Sie war im Besitz eines sehr alten Manuskriptes über Apollonius das dessen Schüler Damis niedergeschrieben hatte. Julia stammte aus Syrien und war über die Legenden die sich um den Magier gebildet hatten sehr gut informiert. Sie übergab dem Philostarus das Manuskript und dieser schrieb die Lebensgeschichte Apollonius von Tyana nieder. Erhalten über ihn sind auch etwa hundert Briefe die Apollonius geschrieben haben soll. So wurden uns die Wundertaten des großen Philosophen und Magiers überliefert. Er wurde sehr berühmt durch seine Totenbeschwörungen und es hieß von ihm dass er ähnlich wie Jesus von Nazareth Verstorbene wieder zum Leben erweckte. Er unternahm ausgedehnte Reisen nach Babylonien, Indien, Äthiopien, Ägypten und Spanien.

Seine Wundertaten machten ihn zum berühmtesten Magier der Antike.Es war ja die Zeit des hellenistischen Synkretismus in der er lebte, eine Epoche also in der das Wunder eine besondere Rolle spielte. Als er ein junges Mädchen wieder zum Leben erweckte machte Philostratus eine besondere Bemerkung in seinen Aufzeichnungen, er schreib: „Ob er nun einen Funken des Lebens in ihr fand, der den Ärzten unbemerkt geblieben war…, oder ob er das erloschene Leben wieder anfachte und zurückrief, dieses zu entscheiden, ist nicht bloß mir, sondern selbst denen, die dabei zugegen waren, unmöglich auszumitteln“.

Apollonius war ein Anhänger des philosophischen Systems von Pythagoras. Wahrscheinlich geht auch die Sekte der Ophiten auf Apollonius zurück. Diese Sekte hat ihren Namen von der Schlange, die im Griechischen ophis heißt und in ihrem Glauben eine hervorragende Rolle spielt. Wahrscheinlich waren die Ophiten eine vorchristliche Sekte, weil der Schlangenkult und kultische Handlungen mit Schlangen zweifelsohne in sehr alte Zeiten zurückreichen. Diese Sekte wurde von Alexander dem Paphlagonier gegründet und dieser war ein Schüler des Apollonius.

Die Spätantike verklärte Apollonius von Tyana zu einer regelrechten Heiligengestalt. Man verglich ihn nicht nur mit Jesus sondern auch mit Plato. So teilt uns Philostarus mit: Apollonius, ein Mann verwandten Strebens, aber was die Weihe der Weisheit und die Erhabenheit über Tyrannei betrifft, noch göttlicher als der göttliche Pythagoras, der Zeit nach uns weder zu fern noch zu nahe stehend, ist in seiner wahren Weisheit, der er mit wahrhaft philosophischem, gesunden Geist ergeben war, den Zeitgenossen noch nicht bekannt genug. Die einen loben dies, die andern jenes an diesem Manne, viele aber halten ihn mit Unrecht für einen Magier und verleumden ihn als Zaubergewaltigen, weil er das bei den Magiern Babylons, bei den Brahmanen Indiens und bei den Gymnasophisten Ägyptens gewesen. Aber ein Empedokles und Pythagoras, auch Demokrit verkehrten mit den Magiern, und sie haben viel göttliches offenbart, ohne Jünger dieser falschen Kunst zu werden; Plato auch ging nach Ägypten und vieles, was er von den dortigen Propheten und Priestern übernahm, mischte er in seine Lehren ein, goss es, wie ein Maler seine Farben, über die Schattenrisse aus, aber niemand beschuldigte ihn der Magie, obwohl er wegen seiner Weisheit unter allen am meisten gehasst worden ist. Sein Vorausahnen und Voraussehen macht ja den Apollonius noch nicht der Magie schuldig – oder auch Sokrates ob dessen, was er durch seinen Genius voraussah, und Anaxagoras wegen seiner Weissagungen trügen gleiche Schuld. Wer wüsste nicht, wie Anaxagoras bei den Olympischen Spielen- wo es doch am seltensten regnet- im Regenmantel auf dem Schauplatz erschien, weil er Regen vorhersah? Und wie er eines Hauses Einsturz vorhersagte und recht hatte, denn es traf wirklich so ein! Und wie er gesprochen als er vorhersagte, dass aus Tag Nacht werde und (bei Ägospotamos) Sterne vom Himmel fallen würden?! Dass nun Anaxagoras dergleichen lediglich durch seine Weisheit voraussah, behauptet man, dass aber Apollonius durch Weisheit voraussehend war, leugnet man und sagt, er habe es durch Zauberei getan? Solche Unkenntnis der Menge darf man nicht hingehen lassen, sondern muss diesen Mann genau darstellen so wohl nach Zeit und Umständen, unter denen er dies und das sagte und tat, als auch nach seiner Denkweise, die ihn in den Ruf eines Zauberers und göttlichen Mannes gebracht hat.“

Über sich selbst sprach Apollonius folgend: „Meine Weisheit ist die des Pythagoras, des Mannes von Samos, der mich so die Götter ehren, sie, die sichtbaren und unsichtbaren, verstehen, mit ihnen reden und mich in diese Pflanzenstoffe zu kleiden lehrte. Denn dies Gewand ist nicht vom Schaf geschoren, sondern rein vom reinen Wuchs dieses Linnen, ein Geschenk des Wassers und der Erde; dazu trage ich dies lange Haar nach Pythagoras Art, und der tierischen Speise mich zu enthalten, lehrt mich seine Weisheit. Trinkgenoß und Gesellschafter bei Spiel und Festgelag werde ich weder dir noch irgend jemand sein; dunkle schwere Lebensrätsel aber kann ich lösen, denn ich weiß nicht nur, was zu tun ist, sondern ich sehe es auch voraus.“

Um Apollonius wirklich zu verstehen muss man sich mit der Gnosis auseinandersetzen. Denn die Philosophie dieses Mannes war eindeutig gnostischer Art.

Gnosis heißt Erkenntnis oder Erkennen, und zwar ist dabei nicht nur ein gedankliches Erfassen im Sinne einer Erkenntnistheorie gemeint, sondern darüber hinaus ein Schauen und ein Einswerden des erkennenden mit dem Gegenstand der Erkenntnis. Dieser Gegenstand der Erkenntnis ist Gott, und die Erkenntnis Gottes bedeutet zugleich ein Erkennen der von Gott ausgehenden oder mit Gott identischen Zwecke und Gesetze der Welt, der Geschichte und des menschlichen Lebens. Gnosis ist eine Erlösungslehre.

Die Gnosis im eigentlichen Sinn ist ein nachchristliches Phänomen und kann nur aus dem christlichen Kontext verstanden werden, denn Jesus spielt eine zentrale Rolle in den gnostischen Heilslehren. Man fasst unter dem begriff Gnosis eine Reihe unorthodoxer Sekten zusammen, die sich in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten im Römischen Reich und in Westasien verbreiteten, das geistige Zentrum war Alexandrien.

„Die gnostische Erlösungslehre, die also als das Wesentliche der gnostischen Systeme anzusehen ist, bezieht sich nun auf einen besonderen Wesenskern des Menschen: nicht der ganze Mensch wird erlöst, sondern sein „Eigentliches“, sein Wesen, seine geistige Wesenheit

Dieser geistige Wesenskern des Menschen wird von den Gnostikern mit einer reihe von Begriffen bezeichnet: im Griechischen mit Logos, Nous, Pneuma, Sophia. Diese griechischen Termini begegnen uns auch im Koptischen. Im Hebräischen und Arabischen heißt dieser Wesenskern Ruah, Hokma, im Syrischen heißt er Nafsa (dem hebräischen Nefes entsprechend) oder auch Marganita, das heißt die „Perle“. Im Lateinischen wird er mit Anima, Sensus oder Spiritus bezeichnet, und im Deutschen könnte man sagen: Lichtfunken, göttlicher Same, Seele, besser aber nennt man ihn den Wesenskern oder das Selbst des Menschen. Man kann auch sagen: Urmensch oder einfach „Mensch“, Anthropos, aber nicht etwa im Sinne eines paläontologischen Menschen, eines Protoplasten oder Prototyps, sondern im Sinne eines oberen oder inneren Menschen“.

Dieser eigentliche Wesenskern des Menschen steht im Gegensatz zu dieser Welt der Materialität und damit natürlich auch im Gegensatz zum menschlichen Körper. Wir Wissen von Plotin dass dieser sich schämte einen Körper zu besitzen. Das Selbst des Menschen ist in der materiellen Welt gefangen seine Urheimat aber ist der Himmel, das Paradies, die andere Welt. Da der Mensch aber ein Selbst besitzt kann er durch Übung und Technik dahin gelangen das er Nachrichten aus der anderen Welt empfängt, dass er um diese andere Welt genau Bescheid weiß und somit kann er erleuchtet werden, er kann Gnosis finden.

Apollonius von Tyana war zweifelsohne ein Mensch der Gnosis erreicht hatte. So schrieb er in einem Gedicht, das er dass „Geheimnis der Seele“, nannte:

Gott gehört und nicht dir, o Mensch, die unsterbliche Seele!

Aus dem verlöschenden Leib fliegt gleich geflügeltem Ross

Frei von Fesseln empor und misch mit der leichteren Luft sich,

Hinter sich lassend den Dienst, den schweren und unheilvollen!

Dir jedoch nützet nicht, was nach dem Tod erst dir klar wird,

Noch auch, im Leben dich selbst darüber mit Grübeln zu quälen.


hukwa