Als Ort bezeichne ich den Platz an dem ich lebe. In meiner
Kindheit und Jugend war dies mein Heimatort. Ein kleines Walddorf ohne Zweifel
prägte mich dieser Ort gewaltig.
Jeder kannte jeden, jeder zweite war miteinander verwandt.
Der Ort zog mich an und stieß mich ab. Ich liebte ihn und ich hasste ihn. Erst
viel später begriff ich das Wort Heimat.
Mir wurde klar das es ein sehr vielschichtiges Wort ist, vor
allem ein Begriff der ständig in Entwicklung ist. In den 70 zigern las ich in
einem Buch von Allan Watts den mir bedeutsamen Satz : Egal wo du bist, du bist immer am gleichen Platz !
Mit 26. Jahren verließ ich meinen Heimatort und habe nie
wieder die Plätze meiner Kindheit und
Jugend seither aufgesucht. Warum weiß ich nicht, der ort hat sich
seither natürlich stark
verändert. In meiner Erinnerung trage ich ihn aber immer
noch als meinen kleinen Heimatort
mit mir herum. Mit vielen orten und Landschaften ging es mir
so. Ich glaube das ist wie ein geistiges Relikt. Ich bin ein Mensch der
Relikten und Ritualen. So brauche ich z.B. keine
große Stereoanlage, ich habe einen kleinen Recorder, denn
nenne ich meinen 78 ziger
Cassettenrecorder. Für mich funktioniert er wie ein Zauberstab
: Wenn ich eine Casette einlege, also mal Jefferson Airpaine mache ich eine
Zeitreise. Ich bin also mit meinem Gefühl in einer anderen Zeit. Zünde ich mir
dann noch ein Räucherstäbchen an, stelle meinen kleinen
Buddha daneben und lese ein paar Gedichte von Ginsberg,
befinde ich mich in einer ganz anderen Dimension.
Mit solchen Zeitmaschinen, ich nenne sie auch
Ausdrucksaltare, bin ich oft unterwegs wenn ich meine Orte aufsuche. Ich habe
im meinem Leben viele Orte erfahren. Viele haben mich geprägt mir Kraft
gegeben. Einen solchen Kraftort fand ich vor vielen Jahren im Hunsrück.
Mitte der siebziger hielt ich mich längere Zeit in
Christianna auf. Dies war ein Stadtteil in Kopenhagen der ganz in der Hand der
Alternativszene war. Was also in Amsterdam über die ganze Stadt verbreitet war,
fand sich hier gebündelt in einem Stadtteil. Ein Dorf in der Großstadt. Als ich
damals Kopenhagen verließ war ich müde und gestresst.
Wieder zu Hause saß ich einige Tage später an einem
Sonntagmorgen mit einem Freund
auf einer Bank in meinem Heimatort.
Irgendwann setzten wir uns in sein Auto und fuhren einfach
los. Wir hatten kein Ziel vor Augen, wollten einfach irgendwohin. Wir landeten
im Hunsrück. Wir fuhren eine Landstrasse entlang. Irgendwann sagte ich zu
meinem Begleiter, er möge doch den nächsten Waldweg mal rechts reinfahren. Das
tat er auch. Wir kamen in ein wunderschönes Waldtal. Mit einem verwunschenen
Wasserlauf, einer Burgruine auf einem kleinen Berg und einem uralten Bauernhof
mit einer kleinen Wohnzimmer Kneipe. Man spürte das hier fast nie Menschen
vorbeikamen. Wir tranken in dem kleinen Gasthaus einen Wein, der aus dem
Wingert stammte, der den Betreibern ( alte Menschen ) des Hofes gehörte. Der
Wein schmeckte so herb wie die Landschaft des Hunsrücks. Nachher gingen wir in
der Umgebung umher.
Ich wusste sofort hierher, würde ich öfters zurückkehren.
Ich hatte von diesem Ort Besitz ergriffen, oder hatte der
Ort von mir Besitz ergriffen. Es erübrigt sich dadurch die Frage wer hier wenn
Besitzt. Einige Wochen später, packte ich meinen Rucksack, mein kleines Zelt
und fuhr in den Hunsrück. Von dem Dorf aus, wo ich den Zug verließ war es noch
eine halbe Stunde Fußmarsch in das kleine Waldtal.
Auf der Wiese neben dem Bachlauf schlug ich das Zelt auf. Am
Morgen begrüßte mich immer ein Bussard der Majestätisch über der Ruine seine
Kreise zog. Nachts begleitete
ein Waldkauz der in der alten Burg wohnte, mit seinem
mystischen Ruf meinen Schlaf.
Ich war Menschenseelen allein. Nur an den Mittagen ging ich
zur Kneipe und nahm ein einfaches Mahl zu mir.
Es war einer der schönsten Plätze die ich in meinem Leben
kennen gelernt hatte.
Von nun ab fuhr ich zwölf Jahre lang, jedes Jahr wieder an
diesen Platz, wo ich mich erholen konnte. Wo ich wie fast an keinem anderen
Platz Kraft tanken konnte. Was genau die Magie dieses Ortes ausmacht kann ich
nicht sagen. Ich kann nur sagen das er voller Magie ist.
Das ich ihn nie vergessen werde und immer wieder versuchen
werde für wenigstens einige Stunden zu ihm zurückzukehren.
hukwa