Freitag, 19. Juni 2009

Tagebuchnotiz

Über die Zeitschrift Lebensbaum.

Trippstadt den 19.6.09

Gestern kam mit der Post der "Lebensbaum". Mit meiner kleinen Erzählung "Begegnung im Wald". Diese Geschichte hatte ich vor etwa sechs Jahren niedergeschrieben und es freute mich sehr sie veröffentlicht zu sehen. Mit der Zeitschrift wehten gestern auch einige Erinnerungen in mein Arbeitszimmer. Seit 22. Jahren gibt es nun diese kleine Zeitschrift für Naturbewusstsein. Ich habe von Anfang an mitgeschrieben, war diesem Heft immer sehr verbunden. Auf deutschsprachigen Boden ist der "LB", ein kleines Stück jüngere deutsche Literaturgeschichte, der sich auch durch die neuen Medien wie Internet nicht verdrängen ließ.
Wie ein alter stoischer Naturphilosoph, lässt sich der Herausgeber Erwin Bauereis, durch keine modernen Errungenschaften beirren und hält fest an seinem Motto des einfachen naturhaften Lebens. Nur wenige Literaturzeitschriften im deutschsprachigen Raum, haben einen solch tiefen Atem, wie der in fruchtbarer fränkische Erde wurzelnde Lebensbaum. Ihr Herausgeber hat in den vielen Jahren seit Erscheinen dieser Publikation, eine Sammlung deutscher Naturliteratur festgehalten, die zweifelsohne einzigartig ist. Etwas starres und lebendiges zugleich, vor allem zeitloses, umgibt dieses im Zeitalter des Turbokapitalistischen Hightech erscheinende handgebundene, robuste "grüne Heft". Wie eine knorrige alte Eiche, die eine längst vergessene Botschaft mitzuteilen weiß, erhebt sich diese Zeitschrift in der Monokultur des deutschen Blätterwaldes. Vielen Unkenrufen zum trotz schafft der Lebensbaum es immer wieder, zweimal im Jahr zu ergrünen und mit jeder Ausgabe scheint er tiefere Wurzeln zu ziehen. Verwurzelt im alternativen Denken, der siebziger Jahre und in der Philosophie des alten Heidentum, hat der "LB" niemals braune Blätter ausgeschlagen, sondern war und ist seiner Überzeugung "der Mensch ist nur ein Teil und nicht die Krone der Schöpfung" immer treu geblieben. In ständigen Ringen und Kämpfen, in einem nur ihm eigenen, tiefen Erdglauben, einer Verachtung gegenüber den modernen Errungenschaften der Gesellschaft, gelingt es dem Herausgeber immer wieder dieses kleine Sprachrohr, einer literarischen Minderheit, wie einst Oberons Horn, ertönen zu lassen. Jede Ausgabe hat mehr Ähnlichkeit mit einer kleinen Anthologie als mit einer Zeitschrift. Die Liebe zu Detail ist sofort erkennbar, nichts scheint Oberflächlich. Sich den Lebensbaum ins Buchregal zu stellen, lohnt sich immer. Natur unterliegt keinem Alterungsprozess, sondern einer Metamorphose, so erscheint auch der "LB", dem alten treu bleibend und doch immer mal wieder ein neues natürliches Kleid sich überziehend, schreibt wohl schon eine zweite Generation von jungen und alten Naturlyrikern für das Heft. Wer hineinschaut im Sinn eines "Schauens", wie dies noch den alten Romantikern eigen war, erkennt zwar im ersten Augenblick Buchstaben, während des Lebens aber sprechen Geister zu ihm. Die Geister eines Schellings, Spinozas und Novalis. Der Leser begegnet einem Sammelsurium von Schreibern, die aus ihrer Liebe zur alten Erdmutter immer wieder ihren Altar, in einer von Naturzerstörung, heimgesuchten Welt in neuer Hoffnung errichten.
Die Natur ist Geist und Geist ist Natur, schrieb Schelling einmal. Der Lebensbaum ist ein solches Stückchen Geist – Natur.
hukwa