Samstag, 21. November 2009

Von äußerer und innerer Landschaft

Die Landschaft erzählt uns Geschichte, sie ist ja Ge-schichtet, insofern können wir in ihr Lesen. Dem intensiven Wanderer erscheint die Landschaft manchmal angefüllt mit Bewusstsein. So kann es ihm passieren das er während seiner Wanderung aus einer äußeren Landschaft sich hineinbewegt in eine innere Landschaft, er bewegt sich auf zwei Ebenen, beide sind ihm real. innere und äußere Landschaft, reale und Seelenlandschaft, fließen ineinander und lassen einen Spaziergang zu einer kosmischen Wanderung werden. Die lineare Zeit löst sich für uns auf und wir fühlen uns aufgehoben in den unendlichen Sphären des Kosmos, sind Teil der Jahreszeiten und lesen im wirbelnden Tanz der Wildbienen, deren Königin vielleicht eine Urkali ist, und die nun vor einer hohlen eiche umherschwirren, wie in einem Buch der Evolution. Wir erkennen in den Schichtungen der Steine, in den Fluten eines Wildbachs, in den gewachsenen Strukturen und dem Geäder der Bäume die wilde Harmonie der Natur, deren Kinder wir ja sind. Mit einem Mal wird uns klar, nicht sie hat uns vergessen wir haben die alte Mutter vergessen.
Es gibt verschiedene Weisen eine Landschaft zu sehen und zu erfassen. Zweifelsohne begegnen wir heutige der Landschaft anders als unsere Väter und Großmütter dies taten. Was ihnen als Himmel und Sternenzelt, als Licht und Lampenraum erschien, hat sich für uns ausgeweitet, es scheint uns als könnten wir tiefer in die unendlichkeiten des Kosmos schauen als sie. Der mütterliche Boden auf dem sie sich bewegten, scheint uns zum Teil entzogen, bewegten sie sich noch mehr in einer Naturlandschaft, müssen wir uns vorwiegend mit Naturlandschaften zufrieden geben. In dem sich Naturlandschaft zu Kulturlandschaft verändert, wurde uns auch jene mütterliche Hülle entzogen, ja, unser angestammter mütterrechtlicher Boden, den wir Jahrtausende lang als Heimat angesehen haben. In dem wir uns mit einer Landschaft identifizieren erkennen wir in ihr Spiegelungen unserer eigenen Empfindungen und Gefühle. Vor uns liegt eine Natur die uns den ewigen Rhytmus des Werden und Vergehen erzählt. Es passiert bei der Erwanderung von Landschaft mit einem Mal, in einem kurzen Augenblick von spürbarer Nähe zu unserer umgebung, das wir unsere Geschichte und die Geschichte der Landschaft verbinden, als teil eines erdgeschichtlichen Zusammenhangs. Plötzlich wissen wir das wir dazugehören zu dieser Erdgeschichte, auch wenn der rationale Intellekt uns anderes einreden möchte. Wir "sehen" mit anderen Augen und spüren über die Biosphäre hinaus in die Noosphäre. In uns blüht ein Bewusstsein auf das nicht mehr nur unser Ich erfasst, sondern nun entfaltet sich unser Selbst. Es sind Räume des bisher Unerkannten und Unbekannten, die sich in der Landschaft für uns öffnen. Denn in den äußeren Landschaften liegen jene Pfade zu den Toren verborgen, die uns den Weg in unsere inneren Landschaften weisen.
hukwa