Dienstag, 22. Februar 2011

Die Überwindung des Gewöhnlichen

Hermeneutische Gedanken zu einem Vers von Dante

Um nicht ein Leben lang im Einfachen, zermürbenden Denken zu erstarren, muss der Mensch über sich selbst hinauswachsen. Wollen wir die Wahrheit finden, müssen wir das Gefängnis der Seinsvergessenheit hinter uns lassen. Man muss Selbstfindung betreiben, damit wir die bereiche des kosmisch – universellen Seins erreichen, das die wirkliche Heimat menschlichen Seins ist. Diese schwierige, mühselige Überwindung individueller Grenzen ist wie das Sprengen eines Panzers, der unseren Geist gefangen hält. Ein Vers Dantes spricht es so aus:

„Es lächelt mir Bernard einen Wink zu,

Aufwärts den Blick zu richten, doch von selber

War ich bereits so, wie er es begehrte.

Weil meine Sehkraft, immer klarer werdend,

Jetzt weiter in den Strahl und weiter vordrang

Des hehren Lichts, das in sich selber wahr ist.

Fortan war höher mein Schauen als unsere Sprache.

Die solchem Anblick weicht, und das Gedächtnis

Auch muss so vielem Übermaße weichen.“

Es ist das Verschwinden jeglicher Form von dem uns Dante hier berichtet, das Aufgehen in die höchste Dimension. Es ist das Eindringen in die Welt des absoluten Geistes. In diesen Versen berichtet uns Dante über die letzten Schritte seiner großen Wanderung, als er das Symbol der Himmelsrose erblickte und er in sich spürte das er nur noch darüber hinausgehen kann, in eine noch höhere unbeschreiblichere Dimension des absoluten Seins.

Wie kann man wohl heute in unserem materialistisch – konsumistischen – rationalem Weltbild das uns prägt, einem Menschen wie Dante auf seiner Wanderung folgen? Ist es überhaupt noch möglich zu Sehen wie dieser große Seher einst sah? Welcher Instrumente bedürfen wir um mit Dante wandern zu können?

Dichtung, Kunst, Philosophie in Verbindung mit einer meditativen Lebenshaltung, machen es uns möglich zu sehen was Dante sah. Nur eine kulturelle, philosophische Lebensführung lässt uns den begrenzten Horizont des alltäglichen Rationalismus überschreiten.

So finden wir in der indischen Kena – Upanishad die fast gleichen Worte die Dante in seinen Versen aussprach:

„Das bis zu dem kein Auge vordringt,

Nicht rede und Gedanke nicht,

Bleibt unbekannt und nicht sehn wir,

wie einer es uns lehren mag!

Verschieden ist’s vom Wißbaren,

Und doch darum nicht unbewusst!“

Hier ist jenes Namenslose gemeint, der Ursinn aller Dinge und Erscheinungen, jenes unergründliche Geheimnis, verborgen und nur hörbar dem. Der bereit ist der kosmischen Sphärenmusik zu lauschen.

hukwa