Mittwoch, 6. November 2019

Philosophieren mit Kindern

Foto©UteKW

Philosophie ist wenn man trotzdem denkt.
Otto Marquard

Wir schulden den Kindern von heute und morgen Verantwortung und Mitverantwortung. Es ist doch so, dass die Entfaltungskräfte und Kreativität vieler Kinder an der geisttötenden Armut zerbrechen die ihnen täglich von den Medien serviert wird. Kindheit an sich ist abhängig von der jeweiligen Zeit und ihren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen. In einer Zeit ökologischer Katastrophen vor allem des Klimawandels sieht es so aus, als müssten unsere Kinder und Enkelkinder bald ein Leben führen, das keine Erinnerung mehr an Leben enthält. In nicht mehr allzu ferner Zeit ist es wahrscheinlich, dass Atemluft rationiert werden muss. Die Menschheitsgeschichte ist in ein unwiderrufliches Stadium getreten, wir stehen kurz vor der Nichtumkehrbarkeit. Deshalb ist es wichtig mit Kindern philosophische Gespräche zu führen so das sie früh genug ein Bewusstsein für Ökologie und Umweltschutz bekommen. Damit
Kinder ein autonomes Selbst entwickeln können, brauchen sie uns zum Reden, sie brauchen uns zum Zuhören, zum Vorlesen, zum Spielen, zum Lernen, sie brauchen also unsere ZEIT. Vor allem für den Erwerb grundlegender Fertigkeiten. Diese Fertigkeiten sind die Basis für künftiges Lernen und die Profilierung der Persönlichkeit. Dazu gehören Vertrauen, Eigeninitiative, Anstrengungsbereitschaft, Selbstverantwortung, Ausdauer, Anteilnahme, Teamgeist, Wagemut und Neugier. Diese Fertigkeiten bilden zugleich den Grundstein für die wichtige Selbstachtung des Kindes, sowie die moralischen, ethischen und geistigen Regeln, die uns durch das weitere Leben begleiten.
So trägt praktisches philosophieren mit Kindern natürlich auch zur verstärkten Werteerziehung in Elternhaus, Schule und Gesellschaft bei.
Hier sei nun die Frage gestattet – Was ist Philosophie eigentlich: vom Begriff her heißt Philosophie (griech. philosophia) soviel wie Liebe zur Weisheit oder Freund der Einsicht
(von griech. philia, Liebe oder philos, Freund, und sophia, Tüchtigkeit, Einsicht, Weisheit)
Eine allgemein anerkannte Definition des Wortes Philosophie gibt es nicht.
Hier noch einmal an den eigentlichen Zweck derselben erinnert, nämlich an die Liebe
zur Weisheit: "Nicht im abstrakten Wissen, sondern in der richtigen und tiefen Auffassung der Welt liegt die Quelle wahrer Weisheit... Weisheit ist die vollendete, richtige Erkenntnis der Dinge, im Ganzen und Allgemeinen, die den Menschen so völlig durchdrungen hat, dass sie nun auch in seinem Handeln hervortritt, indem sie sein Tun überall leitet" , so Arthur Schopenhauer. "
In unserer Zeit zunehmender Krisen durch menschliches und politisches Versagen im Umweltschutz, einer allgemeinen Desorientierung und Orientierungslosigkeit und einem immer deutlicherem Verlust an Menschlichkeit erscheint es sinnvoll und notwendig ein Wachstum an mehr Menschlichkeit anzustreben. Hierzu könnte das philosophieren mit Kindern ganz sicher Grundlegendes beitragen. Es könnte dazu beitragen, den durch die Medien unterstützten, gesellschaftlichen Einfluss zur Ablenkung vom Wesentlichen, zur Entfremdung von sich selbst und von der Natur, durch immer mehr Konsum, Mobilität, Action und billiger Unterhaltung zu verringern. Friedrich Schiller sagte sinngemäß:
"Es ist nicht da draußen, da sucht es der Tor. Es ist in dir du bringst es ewig hervor."
Es kann gar nicht zu früh damit begonnen werden, diese Erkenntnis von der Bedeutung innerer Werte und Fähigkeiten in den Kindern entstehen zu lassen. Kinder werden in den verschiedensten Bereichen immer wieder angehalten, sich vorwiegend nach außen zu orientieren und an das Bestehende anzupassen, statt ihre Eigenständigkeit und Kreativität zu fördern.
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In dem wir Kinder frühzeitig dazu anhalten, selbstständig zu denken, Sachverhalte zu beurteilen und Entscheidungen zu treffen, können wir durchaus einen wichtigen Beitrag zur Prävention bezüglich materieller und auch geistiger Drogen leisten. Mit einem für Kinder erarbeiteten Zugang zum Philosophieren ergibt sich die große Chance, von der Basis her mehr Echtheit, Identität und innere Stabilität in den heranwachsenden Menschen entstehen zu lassen und dadurch mehr Gerechtigkeit, Frieden und Menschlichkeit in unserer Gesellschaft und Verbundenheit zur Natur.
Es war kein anderer als Immanuel Kant, der in seinen Schriften dazu aufforderte, "von seiner Vernunft einen freien und keinen bloß nachahmenden, sozusagen mechanischen Gebrauch, zu machen“....„Dergleichen Menschen können immer nur Kopien von anderen werden, und wären alle von der Art, so würde die Welt ewig auf einer und derselben Stelle bleiben." Und so forderte er – wie heute in unseren Tagen Joostein Garder, der glaubt, Krieg und Gewalt würden sich weniger oft einstellen, wenn die Menschen nur ein wenig besser Denken gelernt hätten – zum Philosophieren auf. Philosophie ist nun hierbei nicht als die Lehre von Denksystemen, als Sophielogie, als Weisheitswissenschaft angesprochen,
sondern es geht um das Philosophieren als Tätigkeit. Also nicht die Lehre ist das Eigentliche, sondern die Lebenspraxis.
Zur praktischen Philosophie stellte Kant drei Bedingungen:
1. Selber Denken.
2. Sich jederzeit in die Stelle eines anderen Denken.
3. Mit sich selbst einstimmig Denken. 
hukwa
Lit.Hinweise:
A. Schopenhauer: Gesamtwerk
I. Kant: Gesamtausgabe
Gabriele Münnix: Philosophie mit Kindern